Bundesparteitag der AfD: Frontalangriff auf die Chefin
Frauke Petry ist möglicherweise nur noch AfD-Chefin auf Zeit. Ihr Co-Vorsitzender Jörg Meuthen greift ihre Strategie unter dem begeisterten Applaus der Delegierten massiv an - eine Demütigung.
Der Bundesparteitag der AfD dauert erst wenige Stunden, da ist bereits klar: Viel schlechter hätte es für Parteichefin Frauke Petry nicht laufen können. Als sie um kurz nach 14 Uhr vor die Presse tritt, denken deshalb auch viele umstehende Parteimitglieder: Das war es jetzt, sie tritt zurück. Doch Frauke Petry tritt nicht zurück – zumindest nicht jetzt. Sie wirft dem Parteitag vor, einen Fehler gemacht zu haben. Ihren umstrittenen „Zukunftsantrag", der die AfD auf den „realpolitischen Weg einer bürgerlichen Volkspartei" zwingen sollte, haben die Delegierten einfach nicht behandelt. Dabei hatte Petry in ihrer Rede zuvor noch massiv dafür geworben. Sie ging sogar auf ihren Kontrahenten, den AfD-Vize Alexander Gauland, zu. Petry bezeichnete es als „Fehler", dass sie Gauland in dem Antrag als Vertreter der „fundamentaloppositionellen Strategie" persönlich genannt hatte.
Die Entscheidung des Parteitages ist für die 41-Jährige eine Demütigung. Die Delegierten machten sich nicht einmal die Mühe einzeln darüber abzustimmen, ob Petrys Antrag auf die Tagesordnung soll. Sie lehnten einfach die Befassung mit einem ganzen Block von Anträgen ab – Petrys Idee, nur eine von vielen.
Das allein hätte Petry wohl nicht zu ihrer kurzentschlossenen Reaktion vor die Kameras getrieben. Doch kurz nachdem ihr Antrag durchgerauscht war, trat ihr Ko-Vorsitzender Jörg Meuthen ans Mikrofon. Der soll schon seit längerem mit Petrys Gegenspielern – darunter auch Rechtsaußen Björn Höcke – paktieren. Er hielt sich in den vergangenen Monaten allerdings stark zurück.
Meuthen geht Petry massiv an - ohne ihre Namen zu nennen
Auf dem Parteitag setzte Meuthen aber zu einer Rede an, die ein Frontalangriff auf Petry war – auch wenn er ihren Namen nicht nannte. Debatten über einen vermeintlich realpolitischen und einen fundamentaloppositionellen Flügel würden der Partei nicht weiterhelfen, sagte er. Schon hier erntete Meuthen begeisterten Applaus und Pfiffe. Mit Blick auf Politiker wie Kanzlerin Angela Merkel, SPD-Chef Martin Schulz oder die Grüne Claudia Roth sagte er: „Ja, wir können diese Gestalten nicht länger ertragen. Und nein, das ist keine Fundamentalopposition. Mit diesen Figuren werden wir keine Koalition eingehen." Das sei auch keine mangelnde Realpolitik, sondern ein kluges Abwarten, „bis unsere Positionen endgültig mehrheitsfähig sind."
Meuthen wandte sich damit klar gegen Petrys Kurs, die die Partei koalitionsfähig machen möchte. Am Ende seiner Rede gab es für die Delegierten kein Halten mehr: Standing Ovations, „Bravo"- und „Meuthen, Meuthen"-Rufe. Selbst auf dem Podium standen Bundesvorstandsmitglieder auf, etwa Gauland und die Berliner Landesvorsitzende Beatrix von Storch. Petry saß in sich zusammengesunken auf der Tribüne und schaute abwechselnd auf ihren Computer und ihr Handy.
Wirft die Parteichefin hin?
Der AfD-Chefin bot sich in diesem Moment das Bild einer Partei, die ihre Linie nicht mittragen will. Nicht einmal ein Antrag, den sie gemeinsam mit AfD-Mitgliedern aus Sachsen gestellt hatte, war durchgekommen. Darin hieß es, „für rassistische, antisemitische, völkische, nationalistische Ideologien" sei in der AfD kein Platz. Doch auch dieses Anliegen war im Block mit den anderen als Tagesordnungspunkt abgelehnt worden.
Als Petry dann vor die Presse trat, antwortete sie auf die Frage, ob die AfD noch ihre Partei sei: „Ich werde mir bis zum Herbst ansehen, wie sich das weiter entwickelt." Im Wahlkampf müssten jedenfalls jene eine führende Rolle spielen, die mit der Nicht-Entscheidung zur Strategie souveräner umgehen würden. Anschließend zog sie sich gemeinsam mit ihrem Mann Marcus Pretzell kurz zurück.
Am Sonntag wollen die Delegierten über die Spitzenkandidaten der Partei abstimmen. Noch ist unklar, wie viele Personen die Partei in den Bundestagswahlkampf führen sollen. Petry hatte erst am Mittwoch verkündet, sie stehe für eine Spitzenkandidatur nicht zur Verfügung. Daran wird sich wohl nach dieser Demütigung auch nichts mehr ändern.