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Friedrich Merz mit "e".
© imago/Jürgen Heinrich

CDU-Vorsitz: Friedrich Merz sollte sich zuerst in Demut üben

Eine Aufgabe des nächsten CDU-Chefs wird sein, die Rechten zurückzuholen als auch den Weg zu den Grünen zu öffnen. Der Rest ist Warten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Friedrich Merz – es ist, als wäre er schon da. Oder nie ganz weg gewesen. So wie schon über ihn berichtet wird. Und dann die Umfragen, die unter CDU-Mitgliedern und unter den Wählern, den potenziellen: Überall führt er als Anwärter auf den Parteivorsitz mit weitem Abstand vor Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn. Das ist nicht nur der Charme des Neuen, der ja gar nicht so neu ist; sondern der, dessen Jahre außerhalb der Politik ihm jetzt zugute kommen. Merz ist nicht belastet von allen Kabalen und Hieben. Kann also gut sein, dass er der nächste CDU-Bundesvorsitzende wird.

Was er übrigens schon damals besser geworden wäre, im Jahr 2000, als Wolfgang Schäuble die Ämter in der Union aufgeben musste. Es war dann eine Fehlkalkulation, wahrscheinlich von allen Beteiligten, bei Schäuble angefangen, Angela Merkel die Partei und Merz die Fraktion zu geben.

Merkel war halt schon Generalsekretärin, hatte Helmut Kohl zum Amtsverzicht gebracht, da erschien es logisch. Doch eine Partei will geführt, eine Fraktion moderiert werden. Unterschiedliche Gaben, bei den beiden je unterschiedlich verteilt, und das Moderieren liegt Merkel einfach mehr. Inzwischen wissen es alle. Und viele besser.

Jetzt wäre die Verteilung – mit Merz an der Parteispitze –, fast richtig. Fast deshalb, weil nun noch die Frage beantwortet werden wird, ob eine Groko moderiert oder geführt werden muss. Bisher ist die Antwort, trotz so vieler gemeinsamer Jahre von CDU, CSU und SPD, immer noch offen. Erstaunlicherweise. Allerdings zieht es sich in diesen Tagen zwischen den Partnern zu, es wird eine Linie gesucht, eine neue, wenn möglich. Die neue kann sein, dass mehr Verbindlichkeit einzieht. Nicht im Ton, sondern in der Sache.

Merz darf gar nicht alles haben wollen, nicht jetzt

Das klingt auch wieder nach Merz. Doch tut der gut daran, sich in jedem Fall in Demut zu üben. Auf Regionalkonferenzen – sollten die CDU-Mitglieder sie durchsetzen –, und bei jeder anderen Gelegenheit. Er kann klar sein in Programm und Anspruch, kann seine Kompetenz deutlich machen, dass er in seinen verschiedenen Funktionen mit allen Modernisierungsprogrammen aller großen Player vertraut ist. Aber ein Anspruch auf alles leitet sich daraus noch nicht ab.

Merz darf gar nicht alles haben wollen, nicht jetzt. Sondern, wie im Fall des CDU-Vorsitzes, wenn es auf ihn zukommt. Er muss auf seine Chance warten können. Da er Politiker mit Erfahrungen noch aus dem vorigen Jahrhundert ist, sollte ihm Erwin Teufel etwas sagen, der baden-württembergische Ministerpräsident, ein sozialer Konservativer. Der schwarze Kretschmann, sozusagen. Und Teufel sagte immer: Das Amt kommt zum Mann, oder es kommt nicht.

Dass Merz einiges dafür tun kann, dass es so kommt, ist ihm unbenommen. Beispielsweise deutlich zu machen, dass er sowohl die Rechten zurückholen als auch den Weg zu den Grünen öffnen kann. Als Brücke in beide Richtungen: Bei den Konservativen bis hin zu denen der CSU sind die Vorbehalte gegen Schwarz-Grün immer noch groß. Nicht aber mit einem an der Spitze der Union, dessen Haltung unzweifelhaft konservativ ist. Könnte sein, dass Merz dann noch mehr würde. Aber erst dann.

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