Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr: Frau Leyen, das ist Ihre Verantwortung!
Jahr für Jahr zeichnen die Berichte des Wehrbeauftragten ein dramatisches Bild vom Zustand der Truppe. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen muss sich kümmern. Ein Kommentar.
Verantwortung. Verantwortung. Verantwortung – Deutschland muss außenpolitisch mehr Verantwortung übernehmen.. Gleichgültigkeit ist keine Option. Das ist Ursula von der Leyens Mantra seit ihrem Amtsantritt als Verteidigungsministerin. Dabei denkt die erste Frau in dieser Funktion vor allem an Deutschlands militärisches Engagement. Ihr geht es vor allem um den Willen, das militärische Gewicht tatsächlich einzusetzen. Den Willen hat sie. Ob aber die geschrumpfte und lädierte Truppe überhaupt zur weltweit aktiven Krisenintervention taugt, ist, wie der Bericht des Wehrbeauftragten Jahr für Jahr aufs Drastischste belegt, zunehmend fraglich. Der Zweifel greift über. Er gilt zunehmend auch der Ministerin.
Die marschiert für gewöhnlich gern voran. Mit ihrer Art, sich an die Spitze der Kritiker zu stellen, ist sie auch lange Zeit gut gefahren. Den Streitkräften geht der Nachwuchs aus? Sie setzt ein Programm zu Vereinbarkeit von Soldatenberuf und Familie auf. Rüstungsprojekte kommen zu spät, sind zu teuer und technisch problematisch? Sie beruft eine Kommission ein, lässt alles prüfen, entlässt langjährige Mitarbeiter. Flugzeuge fliegen nicht, Panzer rollen nicht, U-Boote schwimmen nicht? Sie verspricht eine „Trendwende Material“.
Das ist Ursula von der Leyen: ehrgeizig, eigensinnig, unerschrocken, schnell im Denken, rasch im Handeln, groß im Ankündigen, dazu ausgestattet mit einem ausgeprägten Sinn für Inszenierungen. Diese Mischung hat sie so weit nach oben gebracht – und angreifbar gemacht.
Wir sollten froh sein. Solange die Bundeswehr in diesem Zustand ist, wird hoffentlich kein deutscher Regierungspolitiker auf die Idee kommen, diese Truppe in einen größeren Krieg zu führen.
schreibt NutzerIn observer3
Ihre Entscheidungen haben oft etwas Schillerndes. Man kann sich nie ganz sicher sein: Geht es ihr um die Sache oder um ihren eigenen Aufstieg? Der Verdacht, sie schiele bei allem, was sie tut, auf eine Zukunft im Kanzleramt und werde damit ihren Leuten und deren Anliegen nicht gerecht, begleitet sie mehr denn je.
Vieles auf den Weg, doch nichts zu Ende gebracht
Schwerer wiegt der Vorwurf, vieles auf den Weg, doch nichts zu Ende gebracht zu haben. Die bisherigen Ergebnisse sind mager. Nach vier Jahren im Amt verfängt allerdings der Verweis auf ein schwieriges Erbe und Versäumnisse der Vorgänger nicht mehr. Wenn es jetzt an Schutzwesten, Zelten und Winterkleidung fehlt, dann ist das ihre – ja, Verantwortung. Zumal hier nicht von Jahrzehnte dauernden Rüstungsgroßprojekten die Rede ist, sondern vom schlicht Notwendigen. Das wäre durchaus schnell zu besorgen.
Wohl am gefährlichsten für Leyens Zukunft im Amt aber ist die Entfremdung zwischen Ministerin und Truppe. Eine Entfremdung, die spätestens einsetzte, als sie nach Bekanntwerden des Terrorverdächtigen Oberleutnants Franco A. der Bundeswehr ein „Haltungsproblem“ vorwarf. Eine Entfremdung, die sich dieser Tage verschärft, da die Berichte über Ausrüstungsmängel aus dem Hause der Ministerin an ihr vorbei in die Öffentlichkeit lanciert werden. Die Truppe ist offenbar nachhaltig vergrätzt, auch über Leyens nonchalanten Umgang mit den jüngsten Ausrüstungsproblemen. Ein Haltungsproblem? Aus Sicht der Soldaten hat auch die Ministerin eines.
Leyen soll sich kümmern, wie es ihres Amtes ist, das denken viele in der Bundeswehr. Tatsächlich hat die Dienstherrin, was zu deren Glück der pazifistisch gestimmten deutschen Öffentlichkeit mehrheitlich egal ist, eine Fürsorgepflicht für ihre Leute. Nur bringen Laptops auf dem Dienstzimmer und aufwändig produzierte Videos zwecks Rekrutierung junger Freiwilliger dann nichts, wenn am Ende der Eindruck steht: Die Bundeswehr ist ein Sanierungsfall.
Es geht eben nicht zuallererst um den Willen zum militärischen Einsatz. Es geht vor allem darum, den Soldaten zu ihrem Schutz die bestmögliche Ausrüstung mitzugeben: Gehst du zum Bund, vergiss die langen Unterhosen für den Wintereinsatz nicht… Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Schaden abwenden aber, genau das ist die Verantwortung der Ministerin. Gleichgültigkeit ist keine Option.
Michael Schmidt