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Frankreichs Staatschef Macron am Samstag bei einem Wahlkampf-Meeting im Westen von Paris.
© Francois Mori/dpa

Macrons Wahlkampf vor 30.000 Anhängern: Frankreich statt Russland

Eine Woche vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl stürzt sich Macron endgültig in den Wahlkampf. Dabei dominiert statt des Krieges die Innenpolitik.

„Und ein, und zwei und fünf Jahre mehr“, schreit die Menge. Über ihren Köpfen läuft auf einem durchgehenden Bildschirm abwechselnd in blau, weiß, rot der Schriftzug: „Emmanuel Macron avec vous“ („Emmanuel Macron mit euch“). Als Frankreichs Staatschef am Samstagnachmittag die Halle im Westen von Paris betritt, wird das Licht abgedunkelt. Feuerwerkfontänen schießen in die Höhe. Der Präsident schüttelt Hände und wirft Kussmünder in die Luft.

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Macrons Auftritt in der „La Défense Arena“ vor mehr als 30.000 Anhängern zeigt vor allem eines: Der Staatschef ist endgültig im Wahlkampf angekommen. Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine am 24. Februar fand sich Macron vor allem in der Rolle des obersten Krisendiplomaten wieder, der mit Wladimir Putin trotz allem regelmäßig Kontakt hält. Doch je näher die erste Runde bei der Präsidentschaftswahl am 10. April rückt, umso mehr werden die innenpolitischen Sorgen der Französinnen und Franzosen zum Thema.

Dies wurde deutlich, als Macron zu Beginn der Woche erstmals zu einer Wahlkampftour nach Dijon im Osten des Landes aufbrach. Der Krieg in der Ukraine hat dafür gesorgt, dass sich der Staatschef erst ungewöhnlich spät ins Wahlkampfgetümmel stürzt.

In Dijon musste Macron feststellen, dass der Verlust der Kaufkraft seine Landsleute nach wie vor umtreibt – trotz zahlreicher Gegenmaßnahmen der Regierung, die von einer Benzinpreissenkung um 18 Cent pro Liter bis zu einer einmaligen Ausgleichszahlung in Höhe von 100 Euro für Haushalte mit einem Nettoeinkommen von weniger als 2000 Euro reichen. So schilderte eine alleinerziehende Mutter dem Präsidenten, was es für sie bedeutet, mit den hohen Dieselpreisen fertig werden zu müssen.

Der Staatschef präsentiert sich auf Youtube

Gleichzeitig präsentiert sich Macron in der Serie „Le Candidat“ auf Youtube als volksnaher Präsident. So erklärte er nach seinem Auftritt in Dijon und einer anschließenden Reise an die Westküste Frankreichs in seinem wöchentlichen Clip: „Ich liebe die Menschen, und ich liebe es, zu überzeugen.“

Bei seinem Auftritt in der „La Défense Arena“ kommt in Macrons Rede nun beides zusammen – die weltpolitische Herausforderung angesichts der russischen Aggression in der Ukraine und die innenpolitische Agenda, die der Präsident in den kommenden fünf Jahren fortsetzen will. Macron dankt den Familien und Kommunen, die Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen haben. Gleichzeitig zeigt er sich als Unterstützer von Geringverdienern. „Ich werde es niemals zulassen, dass man Sparmaßnahmen zu Lasten der ärmsten Franzosen durchführt“, sagt er.

Auch Premier Castex macht die La-Ola-Welle mit

Die Ränge in der Arena sind nicht bis auf den letzten Platz gefüllt, manche Reihen sind leer geblieben. Aber die Stimmung ist ausgelassen, und die Menge jubelt lange, als Macron die achteckige Bühne betritt, die in der Mitte der Halle aufgebaut ist. Vorher hat ein DJ musikalisch eingeheizt, und die Halle hat eine La-Ola-Welle geübt. „Eine Regierungs-La-Ola“, wie der Anheizer angemerkt hat - denn im Publikum sitzen die Mitglieder von Macrons Regierung. Und sie alle, auch Premierminister Jean Castex, machen die Welle für Macron.

Macron hat etwa 20 Minuten gesprochen, da hört man aus einem Teil der Halle ein Störgeräusch, offenbar von einem Gerät ausgelöst. Es wird schnell von den Sicherheitsleuten eingesammelt. Kurz danach hält eine Gruppe ein schwarzes Banner mit weißen Lettern in die Höhe: „Criminel Climatique" („Klimakrimineller“). Auch das wird schnell unterbunden.

Die Rechtspopulistin Marine Le Pen ist Macron in Umfragen gefährlich nahe gekommen.
Die Rechtspopulistin Marine Le Pen ist Macron in Umfragen gefährlich nahe gekommen.
© Jean-Christophe Verhaegen/AFP

Auffällig ist, dass bei dem Meeting deutlich mehr Europaflaggen zu sehen sind als bei den Großveranstaltungen sämtlicher Konkurrenten.  Das gilt vor allem für Marine Le Pen, die Vorsitzende des rechtsnationalen „Rassemblement National“. Sie ist Macron in den Umfragen inzwischen gefährlich nahe gekommen.

Die 53-Jährige tritt zum dritten Mal bei einer Präsidentschaftswahl an. Nach einer Meinungsumfrage des Instituts Ifop kann Amtsinhaber Macron im ersten Wahlgang mit 28 Prozent der Stimmen rechnen, während Le Pen mit 21 Prozent auf dem zweiten Platz landen würde.

In der Stichwahl zwischen den beiden baut Le Pen aber auf die Unterstützung jener Wähler, die im ersten Wahlgang ihre Stimme dem inzwischen abgeschlagenen rechtsextremen Kandidaten Eric Zemmour gegeben haben. Nach den Zahlen des Instituts Elabe wäre der zweite Wahlgang ein enges Rennen: Macron läge demnach mit einem Stimmenanteil von 53 Prozent vorne, während Le Pen auf 47 Prozent käme.

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