Nord Stream 2: Frankreich gegen Pipeline-Projekt
Paris bekräftigt die Ablehnung des Pipeline-Projekts Nord Stream 2. Aber die Entscheidung liegt inzwischen in Deutschland.
Angesichts der Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und der Unterdrückung der Proteste in Russland hält es Paris für angezeigt, dass die Bundesregierung das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 stoppt. Der französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune sagte dem Radiosender „France Inter“, dass die bereits gegen Russland verhängten EU-Sanktionen nicht ausreichend seien. Deshalb sei auch ein Stopp des Nord-Stream 2-Projektes eine Option.
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Dabei ist die Verhaftung Nawalnys keineswegs der Auslöser für die Bedenken der französischen Regierung. Denn es ist nicht das erste Mal, dass Frankreich Bedenken gegen den Röhrenbau geltend macht, mit dessen Hilfe weiteres Erdgas aus Russland nach Deutschland geliefert werden soll. Als vor zwei Jahren in Brüssel die Überarbeitung der so genannten EU-Gasrichtlinie anstand, schloss sich Frankreich innerhalb der EU den Gegnern des Projektes an. Dazu zählen vor allem Polen und die baltischen Staaten, die sicherheitspolitische Bedenken haben.
Frankreich spielt eine Schiedsrichterrolle
Frankreich nimmt in dem EU-internen Streit eine Art Schiedsrichterrolle ein, da das Land anders als die EU-Nachbarn Russlands derartige Sicherheitsbedenken nicht hat. Hinzu kommt, dass Nord Stream 2 für die Energieversorgung Frankreichs keine große Rolle spielt, auch wenn das Land über den Energiekonzern Engie an der Finanzierung beteiligt ist. Allerdings hängt es inzwischen nicht mehr von der EU ab, ob Nord Stream 2 zu Ende gebaut wird oder nicht. Auch Europa-Staatssekretär Clément Beaune räumte dies in dem Interview ein. „Das ist heute eine deutsche Entscheidung“, sagte er. Eine entscheidende Rolle liegt hier bei der Bundesnetzagentur. Die Behörde hatte es im vergangenen Mai abgelehnt, den Betreibern eine Ausnahmegenehmigung von der EU-Regulierung zu erteilen.
USA bleiben bei ihrer Ablehnung
In den USA dürfte sich unterdessen auch unter dem neuen Präsidenten Joe Biden nicht viel an der Ablehnung von Nord Stream 2 ändern. Eine Sprecherin der US-Regierung hatte jüngst bekräftigt, dass auch Biden die Pipeline für eine schlechte Idee halte. Unter Bidens Vorgänger Donald Trump waren Sanktionen gegen das Projekt verhängt worden. In der US-Regierung und auch im Europaparlament in Brüssel herrscht die Auffassung vor, dass Europas Abhängigkeit von Russland durch den Bau der Pipeline zu groß werde.
Bundesregierung hält am Projekt fest
Trotz der französischen Einwände will die Bundesregierung weiter an dem Projekt festhalten. Die grundsätzliche Haltung zu Nord Stream 2 habe sich nicht geändert, sagte eine Regierungssprecherin am Montag. Die Position der französischen Regierung sei bekannt, man befinde sich in sehr engem Austausch mit der Regierung in Paris, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sprach sich erneut dafür aus, das Pipeline-Projekt zu beenden. „Es ist eine Putin-Pipeline, und sie sollte nicht weitergebaut werden.“ Das Projekt habe Europa immer schon gespalten. Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff sprach auf Twitter von einem „außenpolitischen Desaster“ der Bundesregierung. Deutschland sei „energie- und außenpolitisch vollkommen isoliert“, kritisierte der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion.
Unterstützung für die Bundesregierung von der Linken
Unterstützung für die Haltung der Bundesregierung kam dagegen vom Linken-Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst. „Ein Stopp des bereits genehmigten Projekts würde durch höhere Gaspreise den deutschen Gaskunden und den Steuerzahler wegen Entschädigungszahlungen für bereits getätigte Investitionen belasten“, erklärte Ernst, der Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses ist. „Diese müssten dann letztlich für russisches Fehlverhalten herhalten.“ Der Linken-Politiker gehört seit Jahren zu den größten Befürwortern der Pipeline.