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Einige Geiseln konnten das Hotel verlassen.
© AFP
Update

Terror in Mali: Frankreich beschuldigt für tot erklärten Islamisten Belmokhtar

Bewaffnete haben ein Luxushotel in Malis Hauptstadt Bamako angegriffen. Sie hielten zunächst 170 Geiseln fest. Mindestens 27 Menschen starben. Der Bundeswehr-Verband fordert nun, Kampftruppen ins Land zu entsenden.

Eine Woche nach den Anschlägen von Paris haben vermutlich Islamisten am Freitag ein bei Ausländern beliebtes Hotel Malis Hauptstadt Bamako angegriffen und 170 Menschen in ihrer Gewalt gehalten. Sicherheitskräfte befreiten Dutzende Menschen aus den Händen der Geiselnehmer, wie das staatliche Fernsehen berichtete. Augenzeugen berichteten von schwerem Gewehrfeuer aus dem Gebäude. An dem Einsatz waren einem CNN-Bericht zufolge auch US-Spezialeinheiten beteiligt. Am späten Nachmittag wurde die Geiselnahme beendet. Nach UN-Angaben starben mindestens 27 Menschen. Auch drei Angreifer seien getötet worden.

Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira und die mauretanische Nachrichtenseite Al-Akhbar berichteten, verantwortlich für den Angriff seien die Terrorgruppen Al-Murabitun und Al-Kaida im Islamischen Maghreb (AQIM). Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sagte dem Fernsehsender TF1, Mokhtar Belmokhtar habe die Geiselnahme sehr wahrscheinlich organisiert. Der vor Monaten von der libyschen Regierung für tot erklärte einäugige Al-Kaida-Veteran gilt als Anführer des Terrornetzes im nördlichen Afrika.

Nach Angaben von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hielten sich zu Beginn der Geiselnahme auch vier Deutsche in dem Hotel auf. Sie hätten das Gebäude unversehrt verlassen können. In dem bei Geschäftsleuten und Diplomaten beliebten Hotel mit 190 Zimmern waren auch türkische, indische, chinesische, französische und belgische Staatsbürger.

Frankreichs Präsident Francois Hollande kündigte an, sein Land werde alles tun, um die Geiseln in Sicherheit zu bringen. Frankreich hatte 2013 einen Militäreinsatz gegen Islamisten in der ehemaligen französischen Kolonie angeführt und ist derzeit noch mit Spezialkräften in dem Land vertreten. Weitere 50 Anti-Terror-Spezialisten der französischen Polizei sollten sich nun nach Angaben der Polizei auf den Weg nach Bamako machen.

Sicherheitskräfte vor dem Radisson Blu Hotel in Bamako.
Sicherheitskräfte vor dem Radisson Blu Hotel in Bamako.
© AFP

Auch für die Bundeswehr könnte die Attacke Konsequenzen haben. So forderte der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehr-Verbandes im Gespräch mit dem Tagesspiegel ein stärkeres Engagement. „Der Terror-Akt von Bamako macht einmal mehr deutlich, dass sich der so genannte ´Ring of Fire´ von Afghanistan über Jemen, Syrien und den Irak bis nach Afrika erstreckt. Es reicht nicht aus, den IS in Syrien zu bekämpfen", sagte Oberstleutnant André Wüstner. "Für das künftige Engagement der Bundeswehr in Mali bedeutet das: Wir müssen robuste, kampfkräftige Truppen entsenden, um den Gefahren angemessen begegnen und erfolgreich sein zu können."

Am Morgen seien mehrere bewaffnete Angreifer in das Radisson-Blu-Hotel gestürmt, hätten um sich geschossen und "Allahu Akbar" (Gott ist groß) gerufen, hieß es in Sicherheitskreisen. Zu dem Überfall hat sich bislang niemand bekannt. Eine befreite Geisel sagte, die Angreifer hätten Englisch miteinander gesprochen. Wie viele Angreifer sich in dem Gebäude befanden, war zunächst unklar. In Sicherheitskreisen war von zehn Männern die Rede. Sie hätten sich Stockwerk für Stockwerk nach oben vorgearbeitet. Der Hotel-Konzern Rezidor berichtete anfangs von zwei Männern, die 140 Gäste sowie 30 Hotelangestellte in ihrer Gewalt hätten. Dutzende Geiseln kamen frei. Später teilte der Hotel-Betreiber mit, noch immer würden 124 Gäste und 13 Mitarbeiter festgehalten.

Das Hotel mit 190 Zimmern liegt westlich des Stadtzentrums in einem Viertel, in dem sich auch mehrere Ministerien sowie Botschaftsgebäude befinden. Die Angreifer hätten einige Geiseln freigelassen, weil sie Verse aus dem Koran rezitieren konnten, verlautete aus den Sicherheitskreisen. Mindestens zwei Sicherheitsleute des Hotels wurden verletzt, als die Angreifer in das Gebäude eindrangen.

Deutsche Soldaten, die sich im Rahmen eines Ausbildungseinsatzes in Mali aufhalten, waren nach Angaben der Bundeswehr nicht von der Geiselnahme betroffen. Islamistische Kämpfer hatten den Norden Malis Anfang 2012 erobert, wurden aber ein Jahr später von der französischen Armee zurückgedrängt. Eine Blauhelmtruppe wurde aufgestellt. Seither kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen. Erst im August waren 17 Menschen bei einer Geiselnahme in einem von den Vereinten Nationen (UN) genutzten Hotel in Zentralmali ums Leben gekommen.

Sicherheitsbackup gefordert

Im März hatte sich eine Islamistengruppe zu einem Anschlag auf ein bei Ausländern beliebtes Restaurant in Bamako bekannt, bei dem fünf Menschen starben. Derzeit sind rund 200 Bundeswehr-Soldaten als Teil einer europäischen Ausbildungsmission und zehn weitere im Rahmen des UN-Stabilisierungseinsatzes Minusma in Mali. Die deutsche Beteiligung an dem Einsatz soll demnächst deutlich ausgeweitet werden. Das Kabinett will darüber im Dezember oder Januar entscheiden.

Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold forderte ein Sicherheitsbackup für Soldaten in Mali. Es sei noch „zu früh, um als Abgeordneter Feldherr zu spielen“, sagte Arnold Freitagvormittag. Bevor aus der Geiselnahme Schlüsse für den geplanten erweiterten Einsatz der Bundeswehr in Mali gezogen würden, sei eine Analyse nötig: Wer sind die Täter? Hat sich die Sicherheitslage im bisher als friedlich geltenden Süden tatsächlich verändert – oder handelt es sich um einen Angriff auf ein Hotel, wie er überall sonst auch hätte stattfinden können? Klar sei aber, „dass es für die Soldaten in Mali ein Sicherheitsbackup geben muss“: Man sei mit vielen Partnern vor Ort – da müsse „arbeitsteilig für Sicherheit gesorgt werden“. Dazu gehöre beispielsweise, dass es Spezialkräfte für Evakuierungen gebe, die im Falle eines Falles schnell einfliegbar seien. (mit dpa, Reuters)

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