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Der französische Präsidentschaftskandidat Fillon am Dienstag in Romilly-sur-Seine.
© AFP

Wahlkampf in Frankreich: François Fillon verliert an Boden

Die Rechtfertigungsversuche des Präsidentschaftsbewerbers Fillon überzeugen die Franzosen nicht – eine Mehrheit misstraut ihm.

Eine halbherzige Entschuldigung, ein Frontalangriff gegen die Medien und die Hoffnung auf das kurze Gedächtnis der Wähler – aus diesen Bestandteilen setzt sich die politische Überlebensstrategie des französischen Präsidentschaftsbewerbers François Fillon zusammen.

Nachdem der Kandidat der konservativen Republikaner am Montag vor 250 Journalisten in seinem Wahlkampf-Hauptquartier in Paris angesichts der „Penelopegate“-Affäre um eine mögliche Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau die Franzosen um Pardon gebeten hatte, stürzte sich der 62-Jährige am Dienstag in den Wahlkampf. Im ostfranzösischen Troyes erklärte er am Dienstag vor Anhängern, wie er neue Arbeitsplätze schaffen will. Der Auftritt markiert den Beginn einer von ihm so bezeichneten „neuen Kampagne“, mit der Fillon den „Penelopegate“-Skandal vergessen machen will.

Aber dennoch bleiben nach Fillons Befreiungsschlag vom Montag viele Fragen offen. Mehr als zwei Millionen Franzosen hatten die Liveübertragung der Pressekonferenz verfolgt, bei welcher der angeschlagene Kandidat scheinbar auf seine Kritiker zugegangen war. Es sei „ein Fehler“ gewesen, dass er seine Frau und zwei seiner Kinder als Assistenten beschäftigt habe, beteuerte der einstige Hoffnungsträger der Konservativen. Dafür entschuldige er sich bei den Franzosen, sagte er.

Allerdings muss sich Fillon gegenüber der Justiz nicht wegen der – grundsätzlich zulässigen – Beschäftigung von Familienangehörigen rechtfertigen, sondern wegen des Vorwurfs, seine Ehefrau Penelope und seine beiden Kinder Charles und Marie hätten keine adäquaten Gegenleistungen für ihr Salär erbracht. Wie Fillon erläuterte, erhielt seine Frau über 15 Jahre hinweg als Parlamentsassistentin im Schnitt ein Nettogehalt von 3677 Euro. Die Beschäftigung sei „legal und transparent“ gewesen, beteuerte er.

Streit um Video-Interview mit der Ehefrau des Kandidaten

Warum sich Fillon für eine Praxis entschuldigt, die nach seinen Worten doch legal war, gehört zu den vielen Ungereimtheiten rund um seinen Rechtfertigungsversuch. Für viele Franzosen gilt es weiter als ein schlagender Beweis für die Unglaubwürdigkeit des Kandidaten, dass seine Frau selbst 2007 in einem Video-Interview mit dem „Sunday Telegraph“ erklärt hatte, sie sei „niemals“ die Assistentin ihres Mannes „oder was auch immer in der Art“ gewesen. Fillon behauptete am Montag, dass die in der vergangenen Woche im französischen Fernsehen ausgestrahlten Interviewpassagen aus dem Zusammenhang gerissen worden seien.

Dem widersprach prompt die Journalistin Kim Willsher, die seinerzeit das Interview mit der aus Wales stammenden Ehefrau Fillons gemacht hatte. Zudem hieß es am Dienstag in einem Vorabbericht der Investigativzeitung „Le Canard Enchaîné“, dass Penelope Fillon vom Parlament neben ihrem Gehalt auch noch Abfindungen in Höhe von insgesamt 45.000 Euro erhalten habe.

Republikaner sieht sich als Opfer einer Medienkampagne

Doch davon will sich der Kandidat der Republikaner offenbar nicht anfechten lassen. Ohnehin sieht er sich als Opfer einer medialen Hetzkampagne, die ihn getroffen habe wie „ein Schlag in die Magengrube“. Ganz auf die Medien verzichten will Fillon aber dennoch nicht – an diesem Mittwoch will er in der französischen Regionalpresse in einem „Brief an die Franzosen“ um das Vertrauen seiner Landsleute werben.

65 Prozent der Franzosen fanden Fillon nicht überzeugend

Das hat er offenbar auch dringend nötig. Denn nach einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Instituts Harris interactive erklärten 65 Prozent der Befragten, Fillon habe sie mit seiner Pressekonferenz am Montag nicht überzeugt. Nach gegenwärtigem Stand muss er sich auch seine Ambitionen abschminken, in die entscheidende zweite Runde bei der Präsidentschaftswahl am 7. Mai vorzudringen.

Nach einer Umfrage des Instituts Opinonway würde Fillon in der ersten Runde mit einem Stimmenanteil von nur 20 Prozent auf dem dritten Platz hinter der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen und dem unabhängigen Bewerber Emmanuel Macron landen. Die zweite Runde würde Ex-Wirtschaftsminister Macron laut der Umfrage mit 66 Prozent der Stimmen gegen Le Pen für sich entscheiden.

Sarkozy soll wegen illegaler Wahlkampffinanzierung vor Gericht

Das endgültige Ende der politischen Karriere bahnt sich indes für den Ex-Präsident Nicolas Sarkozy an. Nach Angaben aus Justizkreisen erhob am Dienstag ein Untersuchungsrichter Anklage gegen Sarkozy wegen des Verdachts einer illegalen Finanzierung seines Wahlkampfs im Jahr 2012. Der konservative Politiker kündigte Rechtsmittel gegen die Entscheidung an. Sarkozy wird vorgeworfen, ein System zur Verschleierung seiner Wahlkampfkosten mithilfe der Kommunikationsagentur „Bygmalion“ toleriert zu haben.

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