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Immer wieder rechte Umtriebe: Bautzen in Sachsen
© Jan Woitas/picture alliance/dpa

Rechtsextremismus in Sachsen: Flüchtling bedroht - Neonazi in Bautzen vor Gericht

Robert S. soll einen Flüchtling mit einer Schreckschusswaffe bedroht haben - und steht nun vor Gericht. Seine Neonazi-Aktivitäten spielen im Verfahren zunächst keine Rolle.

Robert S. ist in der Bautzener Neonazi-Szene gut vernetzt. Der 29-Jährige verbreitete im Internet ein Video mit der Forderung, "alle Ausländer nach Auschwitz" zu schicken. Er erklärte auf Facebook Bautzen zum "Nazikiez - unsere Stadt, unsere Regeln". Und pflegt Facebook-Freundschaften zu anderen Neonazis etwa der rechtsextremen "Division Bautzen".

An diesem Dienstag nun steht S. in Bautzen vor Gericht - seine rechtsextremen Aktivitäten spielen dabei allerdings zunächst keine Rolle. Im Verfahren, das vor dem Amtsgericht der ostsächsischen Stadt verhandelt wird (Az.: 41 Ds 600 Js 33400/16), ist er ausschließlich angeklagt wegen des "vorsätzlichen unerlaubten Führens einer (Schreck-)Schusswaffe".

Mit der Schreckschusswaffe bedroht haben soll Robert S. in der Nacht vom 1. auf den 2. November 2016 in Bautzen einen 39-jährigen Flüchtling aus Libyen. Im Polizeibericht hieß es damals über den mutmaßlichen Täter: "Er ist polizeilich bekannt. Polizeiliche Erkenntnisse zu politisch motivierten Delikten in der Vergangenheit bestehen nicht."

Die Neonazi-Kontakte von Robert S. wurden erst nach Recherchen von MDR und Tagesspiegel Anfang des Jahres ein Thema. Das Dezernat Staatsschutz der zuständigen Polizeidirektion Görlitz nahm in der Folge wegen des Auschwitz-Videos Ermittlungen zum Verdacht der Volksverhetzung auf. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Görlitz, Till Neumann, sagte dazu am Montag dem Tagesspiegel, in diesem Verfahren seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, "eine Auskunft kann derzeit insoweit nicht erfolgen".

Unmittelbar nach der Tatnacht 1./2. November 2016 hatte sich der libysche Flüchtling an die sächsische Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay gewandt, die ihren Wahlkreis in Bautzen hat. Ihr gegenüber gab er an, jemand habe auf ihn geschossen. Lay schrieb damals auf Facebook: "Laut Polizeibericht wurde ein Tatverdächtiger festgestellt. Dort ist auch von einer bei ihm gefundenen Schreckschusspistole die Rede. Im Polizeibericht wird allerdings kein Schuss erwähnt. Was ist hier wirklich passiert? Selbst wenn nur aus einer Schreckschusspistole geschossen wurde, kann sich das Opfer tödlich bedroht fühlen."

Der Direktor des Amtsgerichts Bautzen, Markus Kadenbach, sagte dem Tagesspiegel, zu einer etwaigen Vernetzung des Angeklagten in der Bautzener Neonazi-Szene könne nur die Staatsanwaltschaft Auskunft gegeben. Freilich sei es nicht ausgeschlossen, dass das Gericht aus der Hauptverhandlung an diesem Dienstag "Erkenntnisse darüber gewinnt, ob es eine derartige Vernetzung des Angeklagten gibt bzw. eine Schussabgabe mit der Schreckschusswaffe gegeben hat".

Die Linken-Politikerin Lay sagte: "Schlimm genug, dass der Schuss und der offensichtlich rechtsextreme Hintergrund des Täters beim Polizeibericht schon keine Rolle gespielt haben. Dass sich diese Strategie bei der Anklage fortsetzt, dafür fehlt mir jedes Verständnis."

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