Mietportale: "Finanztest" vergleicht Wohnungsvermittlung im Internet
"Finanztest" vergleicht Mietportale im Internet, die Makler ersetzen sollen. Hintergrund ist das neue Gesetz zum Bestellerprinzip bei der Maklerbezahlung. Der Mieterverein sieht die Portale kritisch.
Vermieter können die Dienste von Anbietern im Internet nutzen, um passende Mieter zu finden. Der Vorteil: Sie verlangen oft weniger Geld als viele Immobilienmakler, erklärt die Stiftung Warentest. Der Nachteil: Für die Plattformen arbeiten nicht nur Profis. Bei Luxus- oder Problemimmobilien kann es sich deshalb lohnen, doch besser auf einen Makler zu vertrauen.
Für die Zeitschrift „Finanztest“ (Heft 9/2015) verglichen die Experten zehn Anbieter. Deren Grundprinzip ist dabei immer ähnlich: Die Vermieter präsentieren ihre Wohnungen über Anzeigen im Internet, die Mietinteressenten füllen Bewerberprofile aus und laden gegebenenfalls auch schon Unterlagen hoch. Die Portale bieten den Eigentümern Sortier- und Filterfunktionen für die Mieterauswahl. Zum Teil arbeiten sie aber auch mit ungewöhnlichen Ideen: Bei einem Anbieter zum Beispiel sind Mietwohnungen zu ersteigern. Die Vermieter nennen eine Wunschmiete, Interessenten bieten. Die Vermieter sind aber nicht verpflichtet, dem Höchstbietenden den Zuschlag zu geben.
Die Kosten sind sehr unterschiedlich und variieren je nach Angebot. Ein Anbieter verlangt zum Beispiel 4,90 Euro im Monat für Anzeigen auf kleineren Portalen, ein anderer stellt 499 Euro für ein komplettes Vermarktungspaket in Rechnung. Makler dürfen für ihre Dienste hingegen eine Courtage in Höhe von bis zu Kaltmieten verlangen. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer, sodass sich der Betrag auf 2,38 Kaltmieren erhöht. Seit dem 1. Juni gilt das Bestellerprinzip, wonach der Auftraggeber den Makler zahlen muss.
Der Deutsche Mieterbund kritisiert neue Online-Plattformen, die seit dem Inkrafttreten des Bestellerprinzips für Maklerbezahlung Vermietern Hilfe bei der Mietersuche bieten. Prinzipiell seien die Portale aus Verbrauchersicht "nicht gut zu heißen", sagte ein Sprecher des Mieterbunds der Nachrichtenagentur AFP am Montag. Wohnungssuchende müssten dort einer "unbegrenzten Zahl" von Menschen zu viele Daten preisgeben.
Das Prinzip ist ähnlich wie bei Partnerbörsen
Portale wie nesthub.de oder mietercasting.de funktionieren ähnlich wie Online-Partnerbörsen: Sie errechnen aus den Wünschen der Eigentümer und den Angaben der Interessenten, wer besonders gut zu wem passt. Der Vermieter präsentiert seine Wohnung dabei über eines der Portale, die potenziellen Mieter füllen ein Bewerberprofil aus und laden beispielsweise schon einige Dokumente hoch. Seitdem in Deutschland das Bestellerprinzip gilt, sprießen mehr und mehr der Portale aus dem Boden. Das Bestellerprinzip besagt, dass bei Mietwohnungen nun derjenige den Makler bezahlt, der ihn auch bestellt hat - also nicht mehr automatisch der Mieter.
Der Mieterbund sorgt sich nun um einen "Sog-Effekt" durch die neuen Portale. Potenzielle Mieter könnten im Bieterwettbewerb um Wohnungen künftig dazu gedrängt werden, immer mehr private Daten an die Portale weiterzugeben, um mit anderen Bewerbern Schritt zu halten.
Ein Sprecher von nesthub.de, einem Start-up, das seit rund eineinhalb Monaten auf dem Markt ist, widersprach der Kritik: "Wir geben Interessenten-Daten nicht eins zu eins an die Vermieter weiter", sagte er der AFP. Die Daten würden verschlüsselt auf Servern des Unternehmens liegen und Vermieter würden nur anhand von "grünen Häkchen" oder "roten Kreuzen" sehen, ob ein Mieter die Anforderungen in den jeweiligen Bereichen - etwa beim Einkommen - erfülle.
Der Immobilienverband Deutschland (IVD), die Vertretung der Makler, reagierte auf AFP-Anfrage gelassen auf auf die neue Konkurrenz aus dem Netz. Veränderungen seien in der Immobilienbranche "ganz normal", sagte ein Sprecher. Revolutionen gebe es "selten" und der Beruf des Makler sei weiter enorm wichtig: "Die Qualitäten und das Bedürfnis nach Vertrauen und Sicherheit" könne nicht so einfach "auf einen Algorithmus übertragen" werden.
Das Bestellerprinzip gilt in Deutschland seit Juni. Es ist Teil einer Reform der Bundesregierung zur Regulierung auf dem Mietmarkt. Seit Juni gilt in einigen Bundesländern auch die sogenannte Mietpreisbremse. Sie soll Wohnungssuchende vor überhöhten Mieten schützen und vor allem in Ballungsräumen den Preisanstieg deckeln. (dpa/AFP)