Geberkonferenz für Unglücksreaktor: Finanzierung von neuer Tschernobyl-Hülle vorerst gesichert
Nach einer Geberkonferenz für den Bau eines neuen Schutzmantels um die Atomruine in Tschernobyl äußern sich die Beteiligten zufrieden. Noch ist allerdings nicht alles Geld zusammengekommen.
Während mehr als 300 ukrainische Feuerwehrleute verzweifelt gegen einen Waldbrand in Tschernobyl kämpften, endete am Mittwochabend in London eine Geberkonferenz für eine neue Schutzhülle für den Unglückreaktor erfolgreich. Zwar kamen nur 530 der notwendigen 615 Millionen Euro für den auf 2,15 Milliarden Euro geschätzten Bau zusammen. Die Verantwortlichen sind aber zuversichtlich, dass die Finanzierungslücke bald komplett geschlossen wird.
Bundesumweltministerium: Das Problem ist gelöst
"Das Problem ist vom Tisch", sagte Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, im Anschluss an das Treffen nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa. "Es ist jetzt absolut klar, dass die Arbeit in Tschernobyl weitergehen kann." Unter anderem hätten Russland und China Mittel zugesagt, ohne einen konkreten Betrag zu nennen, sagte Flasbarth, der als Vertreter der G7-Staaten sprach. Die sieben führenden westlichen Industrienationen geben 95 Millionen Euro, 70 kommen von der EU-Kommission. Wie bereits zugesagt, übernimmt die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) mit 350 Millionen Euro den größten Teil. Weitere 15 Millionen Euro kommen von zahlreichen Ländern, darunter Dänemark, Österreich, Kuwait und Brasilien.
Die Ukraine gab unterdessen bei dem Brand in der Region des ehemaligen Akw Entwarnung. Das Feuer habe den havarierten Reaktor nie wirklich bedroht, alles habe sich 20 Kilometer davon entfernt abgespielt, schrieben ukrainische Internetportale am Mittwochabend.
Das Feuer sei unter Kontrolle, so die Regierung
Das Feuer sei unter Kontrolle, entwarnte Regierungschef Arseni Jazenjuk am Mittwoch. Es bestehe keine erhöhte Radioaktivität, die entsprechenden Werte im Boden und Wasser seien innerhalb der Grenzwerte, versicherte Sorjan Schkirjak, der Minister für Katastrophenschutz. "Die Strahlensituation ist stabil", sagte er. Auch das unmittelbar benachbarte Weissrussland konnte keine erhöhte Radioaktivität messen. Allerdings hat der dort seit über 20 Jahren herrschende Autokrat Aleksandr Lukaschenko schon vor ein paar Jahren beschlossen, das ganze Gebiet landwirtschaftlich wieder nutzbar zu machen. Alarmierende offizielle Strahlenmessungen sind deshalb wenig opportun. Derweil schwelten an der ukrainisch-weissrussischen Grenze allerdings über 320 Hektar Forst- und Urwald.
Waldbrände könnten die Radioaktivität verbreiten
Innenminister Arsen Awakow wollte am Mittwoch gar Brandstiftung nicht ausschliessen und ließ die 30 Kilometer breite Sonderzone rund um Tschernobyl zusätzlich bewachen. Hintergrund ist der Krieg im Donbass.Umweltschützer sehen indes eher die Beschaffenheit des noch heute kontaminieren Waldes als Sicherheitsrisiko. Noch immer kann in dem aus der 30-Kilometerzone stammenden Holz eine Reihe gefährlicher Isotope gefunden werden. Waldbrände könnten die Radioaktivität verbreiten und erneut gefährlich erhöhen, warnen deshalb immer wieder Umweltschützer. Nichtsdestotrotz haben sowohl die Ukraine wie Weissrussland in den vergangenen Jahren damit begonnen, das Gebiet um Tschernobyl wieder zu bewirtschaften.
Die alte Schutzhülle kann die Strahlung kaum noch stoppen
Ein Grund dafür ist die Armut und Arbeitslosigkeit in der Region. Auch ist die beinahe bankrotte Ukraine seit Jahren bei der Beseitigung der Spätfolgen des Super-GAUs von 1986 weitgehend auf sich selbst gestellt. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge sind an den Spätfolgen bis heute 17.000 bis 100.000 Menschen gestorben. Doch heute kann die gleich nach der Katastrophe von der Sowjetunion gebaute 65 Meter hohe Schutzhülle aus Stahlbeton die lebensgefährdende Verstrahlung kaum mehr stoppen. Mehr als hundert Risse wurden in dem alten Sarkophag entdeckt, tragende Wände drohen bald einzustürzen.
Die Kosten sind immer wieder explodiert
Deshalb wird mit internationalen Hilfsgeldern seit zehn Jahren an einem neuen Sarkophag gebaut. Allerdings sind die Kosten immer wieder explodiert. Und eine Reihe von Korruptionsfällen im Zusammenhang mit dem Bau machen der Ukraine zu schaffen. Kommen die fehlenden Gelder zusammen, könnte zweite 108 Meter hohe, 165 Meter lange und 260 Meter breite Schutzhülle, die über die sowjetische Konstruktion gefahren werden soll, laut Experten für die nächsten 100 Jahre Sicherheit garantieren. Der neue Sarkophag soll spätestes 2017 in Betrieb genommen werden. Er wird berteits seit Jahren vor allem von den nun G7-Staaten zusammen mit Russland finanziert.