Regierungskrise in Österreich: Fehlender Rückhalt: Faymann tritt als Kanzler und SPÖ-Chef zurück
Der Druck auf Werner Faymann war auch durch die Erfolge der rechtpopulistischen FPÖ gewachsen. Nun zog der Kanzler und SPÖ-Vorsitzende die Konsequenz.
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann ist am Montag von allen Ämtern zurückgetreten. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei SPÖ zog damit die Konsequenzen aus dem mangelnden Rückhalt innerhalb seiner Partei. „Dieses Land braucht einen Kanzler, wo die Partei voll hinter ihm steht. Die Regierung braucht einen Neustart mit Kraft. Wer diesen Rückhalt nicht hat, kann diese Aufgabe nicht leisten“, sagte Faymann zur Begründung.
Österreich habe nach der schwierigen Phase der Finanzkrise im vergangenen Jahr den Flüchtlingsansturm zu bewältigen gehabt, sagte der 56-Jährige. Dies habe Österreich gut gemeistert. Faymann verteidigte erneut das Ende der „Willkommenskultur“ und die zunehmend restriktivere Flüchtlingspolitik des Landes. „Es wäre verantwortungslos gewesen, nicht auch auf eigene Maßnahmen zu setzen“, sagte er.
„Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das Land stark genug ist, die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu bewältigen“, fügte Faymann hinzu. Die Frage ist, ob der Rücktritt Neuwahlen bedeutet.
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner wird interimistisch Regierungschef. Wiens Bürgermeister Michael Häupl soll interimistisch die Parteiführung übernehmen, schreibt der "Standard". Ein entsprechender Beschluss soll im Parteivorstand am Montagnachmittag fallen.
Häupl sprach von einer „Phase des Nachdenkens“ - dies könne man am besten schweigend machen. Mögliche Spekulationen, wer das Erbe Faymanns antreten solle, wollte er deshalb nicht kommentieren. Burgenlands Ministerpräsident Hans Niessl (SPÖ) ging davon aus, dass Häupl in den kommenden Tagen und Wochen Gespräche führen werde. So solle ein neues Team für die Partei zusammengestellt werden.
In der SPÖ rumorte es schon seit längerem
Hintergrund des Rücktritts ist offenbar der Überraschungserfolg der rechtspopulistischen FPÖ im ersten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl Ende April. Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer hat große Chancen, im zweiten Wahlgang am 22. Mai zu gewinnen. Hofer trifft dann auf den von den Grünen unterstützten Kandidaten Alexander Van der Bellen.
Für Montagnachmittag war ein vorgezogenes Treffen des SPÖ-Bundesparteivorstandes angekündigt worden. Dort sollte es um die personelle wie inhaltliche Neugestaltung der Partei gehen. Immer mehr SPÖ-Politiker waren in den vergangenen Tagen auf Distanz zu Faymann gegangen. Salzburgs SPÖ-Landeschef Walter Steidl sagte, eine personelle Erneuerung in der SPÖ sei „unumgänglich“.
Als Nachfolger im Bundeskanzleramt sind laut Medienberichten ÖBB-Chef Christian Kern und der frühere ORF-Intendant Gerhard Zeiler im Gespräch.
Neben den Folgen der Flüchtlingskrise fürchten viele Österreicher auch einen wirtschaftlichen Niedergang. Die Koalition aus Sozialdemokraten und der konservativen ÖVP hat Abhilfe versprochen. „Das ist ein Warnsignal an die Regierung. Krempelt endlich die Ärmel auf. Und tut etwas gegen die Arbeitslosigkeit und die steigende Zahl von Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können“, hatte Faymann nach der ersten Runde der Präsidentenwahl dem „Kurier“ gesagt. Sich selbst sah der seit 2008 regierende Kanzler offenkundig nicht mehr als den Mann, der diese Ziele umsetzen kann.
Faymann hatte sich nach abgebrochenem Jurastudium als junger Sozialdemokrat über die Instanzen an die Parteispitze gedient und 2008 den SPÖ-Vorsitz übernommen. Er gilt nicht als Visionär, sondern verfolgt eher einen pragmatischen Politikansatz. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll einmal über den stets zurückhaltend auftretenden Wiener gelästert haben, er komme bei EU-Verhandlungen in Brüssel ohne Meinung herein und gehe mit ihrer wieder hinaus.
Drohender Wahlsieg der FPÖ bei der Bundespräsidentenwahl
Der FPÖ-Präsidentschaftsfavorit Hofer hatte vor wenigen Tagen seine Androhung zurückgenommen, im Falle seines Wahlsieges am 22. Mai die Regierung abzuberufen oder gar das Parlament aufzulösen. Er würde auch beim einem Rücktritt Faymanns einen neuen von dessen Partei SPÖ vorgeschlagenen Kandidaten zum Regierungschef ernennen, hatte Hofer am Donnerstag gesagt. Die Nominierung eines Kandidaten sei "Sache der gewählten Parteien".
Hofer hatte bei der Präsidentschaftswahl ersten Wahlgang am 23. April 35 Prozent der Stimmen bekommen. Er gilt nun auch als Favorit für die Stichwahl gegen van der Bellen, der 21,3 Prozent erreicht hatte. Die Kandidaten der beiden Volksparteien ÖVP und SPÖ hatten es erstmals seit 1945 nicht in die Stichwahl geschafft. Wegen der Schlappe könnten sich die Sozialdemokraten entschließen, ihren Chef Faymann abzusetzen, hieß es damals. Möglicherweise ist Faymann dem zuvorgekommen. (Tsp, Reuters, AFP, dpa)
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