„Ich rieche Panik“: FDP wehrt sich gegen Attacken der Union
Die CDU warnt vor einer Ampel-Koalition – und zielt damit auf die FDP. Die schießt scharf zurück.
Es war nur eine Frage der Zeit. Zumindest sieht man das in der FDP so. Dass die Union im Wahlkampf Attacken gegen die Liberalen starten würde, damit haben die Freidemokraten schon lange vor Beginn des Wahlkampfs gerechnet. CDU und CSU würden irgendwann damit beginnen, die Freidemokraten als „strategisch unzuverlässig“ hinzustellen, lautete schon vor Monaten die Prognose der Liberalen.
Die hat sich nun bewahrheitet. Wer FDP wähle, der „muss in Kauf nehmen, dass er am Ende mit Esken und Kühnert am Kabinettstisch aufwacht“, twitterte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Freitag. Gemeint ist: Keiner wisse, ob die FDP nach der Wahl nicht ein Bündnis mit der SPD eingehe – und damit die linke Parteichefin Saskia Esken und ihren Vize Kevin Kühnert in die Regierung befördere.
Vor wenigen Tagen hatte Unionskanzlerkandidat Armin Laschet bereits vor einem Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP gewarnt. Es war gewissermaßen der Startschuss für eine Art „Gelbe Socken“-Kampagne der Union.
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Die Reaktionen aus der FDP folgten prompt. „Ich rieche Panik“, twitterte die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Die Not scheint groß zu sein im Konrad-Adenauer-Haus.“ Die Interpretation ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Union steht schlecht da in den Umfragen, im aktuellen Deutschladtrend liegt sie bei gerade einmal 23 Prozent. Laschets Persönlichkeitswerte sind zuletzt auf 16 Prozent gefallen.
„Es ist bemerkenswert, wie tief der Union mittlerweile das Herz in die Hose gerutscht ist“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki dem Tagesspiegel. Dass die CDU ausgerechnet vor der SPD-Chefin Esken warnt, findet er „deshalb amüsant, weil doch dieselbe Esken bereits mit am Tisch sitzt, wenn Union und SPD im Koalitionsausschuss miteinander verhandeln“. Johannes Vogel, ebenfalls stellvertretender FDP-Vorsitzender, hält die „Panik-Aktion“ der Union für einen „Ausdruck größter Unsouveränität“.
Ampel nicht ausgeschlossen
Bislang hat die FDP ein Ampel-Bündnis nicht ausgeschlossen. Um die Debatte darüber aber nicht zu stark hochkochen zu lassen, hatte FDP-Chef Christian Lindner bereits im Mai eine rote Linie nach links gezogen. Steuererhöhungen, wie sie Sozialdemokratenund Grüne wollen, werde es mit den Liberalen nicht geben, sagte er.
Die Aussage lässt sich als Beruhigungspille für klassische FDP-Wählerinnen und -Wähler verstehen. Für viele sind die Grünen ein Graus, eine Ampel umso mehr. Auch enttäuschte CDU-Anhänger zieht man mit einer Aussicht auf Rot-Grün-Gelb nicht gerade rüber zur FDP, das weiß man in der FDP.
Im Bundestagswahlkampf 2009 hatte der damalige FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle deswegen kurz vor der Wahl eine Ampel-Koalition ausgeschlossen. Die Liberalen landeten bei fast 15 Prozent. Ob man dieses Jahr die gleiche Strategie anwenden wird? Eine Antwort will man darauf in der FDP nicht geben. Kubicki und Vogel betonen, dass es am Schluss allein auf die Inhalte ankomme.
Ein Ausschluss der Ampel würde mit einem Prinzip brechen, das sich die FDP in der „Apo-Zeit“ gegeben hat, den vier Jahren außerparlamentarischer Opposition bis 2017. Damals entschieden die Liberalen, nie mehr als „Anhängsel“ der Union aufzutreten, sondern nur noch als „eigenständige Kraft“. Würde man damit nun brechen, „würde das mindestes ein ziemlich lautes Aufstöhnen in der Partei auslösen“, sagt eine FDP-Abgeordnete.
Laschet setzt die Warnung der Ampel nicht zum ersten Mal ein. Im Landtagswahlkampf von Nordrhein-Westfalen 2017 malte die Union bereits den Teufel einer Mitte-Links-Regierung an die Wand – und ging nach der Wahl eine schwarz-gelbe Koalition mit der FDP ein.