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Oft nicht nur auf gesetzliche Rente angewiesen: Senioren in Deutschland.
© Federico Gambarini dpa
Update

Altersarmut: Fast jede zweite Altersrente liegt unter 800 Euro

Rund 8,6 Millionen Rentner erhielten Ende 2016 eine gesetzliche Rente von weniger als 800 Euro monatlich. Allerdings sind diese Zahlen - was das Problem der Altersarmut betrifft - wenig aussagekräftig.

Die Zahl klingt alarmierend: Fast jede zweite gesetzliche Altersrente in Deutschland liegt unter 800 Euro im Monat. Das bestätigte die Bundesregierung der Linkspartei jetzt auf eine Anfrage. 48 Prozent aller Altersrenten, die Ende 2016 ausgezahlt wurden, betrugen demnach keine 800 Euro, 62 Prozent lagen unter 1000 Euro. Doch als Indikator für flächendeckende Altersarmut taugen diese geringen Auszahlungsbeträge nicht. Darauf verwiesen sowohl das Sozialministerium als auch die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV).

Beamte und Selbständige mit gesetzlicher Mini-Rente senken den Schnitt

Zum einen verfügen viele Rentner über weitere Einkommen, etwa aus Vermietung, Geldanlage, Betriebsrente oder über ihren Partner. Zum andern wird der Schnitt auch beträchtlich durch vormalige Beamte oder Selbständige gesenkt, die nur mal kurz sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und sich dann ganz anders abgesichert haben – etwa über die Beamtenversorgung oder über berufsständische Versorgungswerke.

Von gesetzlichen Renten unter 800 Euro sind hierzulande 27 Prozent der Männer und 64 Prozent der Frauen betroffen. Der Statistik zufolge kamen die meisten Männer im Westen auf Altersrenten zwischen 1250 und 1300 Euro. Im Osten betrug die Spanne 1000 bis 1100 Euro. Ostdeutsche Frauen erhielten am häufigsten 800 bis 850, westdeutsche Frauen dagegen meist nur 200 bis 300 Euro – was daran liegt, dass letztere wegen Kindererziehung oft gar nicht oder wesentlich kürzer berufstätig waren. Die Zahlen beziehen sich auf Rentenbezüge nach Sozialversicherungsbeiträgen, jedoch vor Abzug von Steuern. Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor.

Rentner-Ehepaare kommen im Schnitt auf 2543 Euro netto

Die Einkommenslage könne aber „nur im Haushaltskontext bestimmt werden“, betonten die Rentenversicherer. Dem Alterssicherungsbericht der Regierung zufolge lag das durchschnittliche Netto-Gesamteinkommen für Ehepaare im Jahr 2016 bei 2543 Euro. Alleinstehende Männer über 64 kamen auf 1614, alleinstehende Frauen auf 1420 Euro.

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Die Linkenpolitikerin Sabine Zimmermann nannte die hohe Zahl kleiner Renten dennoch „besorgniserregend“. Was das Abrutschen vieler alter Menschen in Armut verhindere, sei die Absicherung über den Ehepartner oder eine gute Betriebsrente. Diese Absicherungsformen würden aber „immer seltener“.

Linke, VdK und SPD zeigen sich besorgt

Linken-Chef Bernd Riexinger bezeichnete den Verweis der Regierung auf zusätzliche Einnahmen als "Zynismus". Die gesetzliche Rente müsse vor Armut schützen und den Lebensstandard sichern. "Es ist skandalös wenn Menschen im Alter bei Hamburger-Ketten arbeiten oder Zeitungen austragen müssen, weil die Rente hinten und vorne nicht reicht."

Ihre Partei kämpfe dafür, dass alle Erwerbstätigen Menschen „mehr vom Kuchen“ abbekämen, betonte SPD-Fraktionsvize Katja Mast. Damit es am Ende mehr als 800 Euro seien, benötige man Brückenteilzeit, mehr Tarifbindung und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Besorgt äußerte sich auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele. Die Zahlen seien ein Hinweis darauf, "dass für viele Menschen Altersarmut heute Alltag" sei. 8,6 Millionen Menschen müssten "mit einer Rente auskommen, die unter der Grundsicherungsschwelle von 814 Euro liegt". Sie forderte, das Rentenniveau auf 50 Prozent anzuheben und die Renten wieder ohne Abstriche den Löhnen folgen zu lassen.

Erwerbsfähige beziehen mehr als doppelt so oft Grundsicherung wie Rentner

Zusätzliche Grundsicherung bezogen hierzulande nur 3,1 Prozent der Bürger im Rentenalter. Bei Erwerbsfähigen lag die Quote mit rund acht Prozent mehr als doppelt so hoch. Allerdings gibt es eine nicht unbedeutende Zahl alter Menschen, die solche Hilfe aus Scham oder Unkenntnis nicht beantragt.

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