Subsidiär geschützte Flüchtlinge: Familiennachzug liegt deutlich unter Obergrenze
Lange hatte die Koalition über den Nachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus gestritten. Jetzt zeigt sich: Es kommen weniger Menschen als erwartet.
Die Zahl der Visa für den Familiennachzug nach Deutschland zu subsidiär geschützten Flüchtlingen liegt immer noch weit unter der dafür festgelegten Obergrenze. Von Anfang August bis Mitte September wurden lediglich 112 Visa erteilt, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervorgeht.
Über die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer (CSU) hatte am Freitag zuerst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Demnach steigt zwar die Zahl der Vergaben inzwischen an - im ganzen August seien es 42, in der ersten Septemberhälfte 70 gewesen. Doch bleibe sie immer noch weit unter der Obergrenze von 1000 pro Monat. Auf dieses Kontingent hatte sich die große Koalition aus Union und SPD nach monatelangem Streit geeinigt, nachdem der Nachzug zu subsidiär Geschützten gut zwei Jahre lang ausgesetzt war.
Es sind vor allem Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, die subsidiären Schutz erhalten. Ein maßgeblicher Unterschied zum vollwertigen Flüchtlingsstatus besteht im stark eingeschränkten Recht auf Familiennachzug, ein weiterer Unterschied ist, dass subidiärer Schutz zunächst normalerweise nur für ein Jahr gewährt wird, beim vollen Flüchtlingsstatus dagegen normalerweise ein Aufenthaltsrecht von drei Jahren. Verlängerungen sind aber jeweils möglich.
Laut Innenministerium liegen derzeit mehr als 43.000 Terminanfragen von Bewerbern für einen Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten den deutschen Auslandsvertretungen vor. Im August seien von dort 853 geprüfte Anträge an die zuständigen kommunalen Ausländerämter übermittelt worden. Davon wiederum seien 65 an das Bundesverwaltungsamt weitergeleitet worden, das dann entschieden habe, dass 42 Migranten ein Visum bekommen.
Visazahlen verharren auf niedrigstem Niveau
In der ersten Septemberhälfte stiegen auch diese Zahlen nur etwas an: 537 Anträge gingen demnach an die Ausländerämter, die wiederum bis zum 17. September 80 an das Bundesverwaltungsamt zur endgültigen Entscheidung geschickt hätten. Dieses habe 78 Auswahlentscheidungen getroffen, woraufhin 70 Visa ausgestellt worden seien. Mayer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Neuregelung erst seit wenigen Wochen in Kraft sei. "Die Entwicklung der Antragszahlen bleibt daher abzuwarten", sagte er.
"Die Visazahlen verharren auf niedrigstem Niveau, noch weit unterhalb des ohnehin mickrigen, im Gesetz festgelegten Kontingents", kritisierte Jelpke die vom Innenministerium genannten Daten. Dies gebe den Kritikern der Neuregelung recht, die vorhergesagt hätten, "dass vom Menschenrecht auf Familienleben bei dieser engherzigen und überaus bürokratischen Regelung in der Praxis wenig übrig bleiben wird". Jelpke forderte, den Nachzug von Familienangehörigen zu subsidiär Schutzberechtigten wieder uneingeschränkt zu gestatten.
Die Linken-Politikerin wertete die Zahlen auch als Beleg dafür, dass Erwartungen der Bundesregierung zum Umfang des Familiennachzugs offensichtlich falsch gewesen seien. Jelpke warf Innenminister Horst Seehofer (CSU) vor, er "und andere rechte Scharfmacher haben die Zahl des zu erwartenden Nachzugs bewusst und ohne jede empirische Absicherung in die Höhe getrieben, um mit Angst schlechte Politik machen zu können". Die Beschränkung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten beruhe somit auf "unbegründeter Angstmache", Leidtragende seien die Geflüchteten, "die weitere Jahre von ihren Angehörigen getrennt bleiben". (AFP)