Förderung für den Mietwohnungsbau: Falsche Richtung: SPD stoppt Gesetzentwurf kurz vor Abstimmung
Die SPD-Fraktion im Bundestag zieht bei der Wohnraumförderung die Reißleine - der Regierungsentwurf "verfehlt sein Ziel". Jetzt soll nachverhandelt werden.
Wegen massiver Bedenken in der SPD-Bundestagsfraktion ist das Gesetzesvorhaben zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus am Dienstag gestoppt worden. Die Sozialdemokraten hätten noch Beratungsbedarf, weshalb die geplante Abstimmung an diesem Donnerstag im Bundestag abgesetzt worden sei, hieß es in Koalitionskreisen. Das kommt nicht oft vor – doch hat die Kritik von Verbänden und Gutachtern bei einer Anhörung am Montag die ohnehin bestehenden Zweifel an der Wirksamkeit des Vorhabens bei der SPD gestärkt. Mit dem Gesetzentwurf will die Koalition den Bau und die Verfügbarkeit von günstigem Wohnraum in Großstädten und Hochschulorten ankurbeln. Der SPD-Finanzpolitiker Lothar Binding sagte dem Tagesspiegel: „In der jetzigen Form verfehlt das Gesetz sein Ziel.“
Kern des Entwurfs ist eine Sonderabschreibung von bis zu 35 Prozent für Bauherren in den Jahren 2017 bis 2020, wenn sie neue Wohnungen bauen. Gefördert werden sollen nur Projekte, bei denen der Bau- oder Anschaffungspreis nicht mehr als 3000 Euro je Quadratmeter beträgt, wobei die eigentliche Fördergrenze bei 2000 Euro liegt. Damit soll sichergestellt werden, dass Wohnungen mit Mieten im unteren und mittleren Mietensegment entstehen. An den Erfolgsaussichten des Projekts hatten nach der Anhörung die Finanzpolitiker der SPD jedoch erhebliche Zweifel, während die Unions-Fraktion weiter auf eine schnelle Umsetzung dringt. Auch der Bundesrat hatte eine kritische Stellungnahme abgegeben, in der unter anderem gefordert wurde, die Kappungsgrenzen auf 2600 und 1800 Euro zu senken, um wirklich nur einfache Wohnbauten zu fördern.
Genossenschaften profitieren nicht
Dem haben sich unter anderen der Deutsche Städtetag und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) angeschlossen. Immobilienverbände plädieren dagegen für niedrigere Fördergrenzen. Kritisiert wurde auch, dass der Koalitionsplan nur eine Abschreibung vorsehe. Das bedeutet, dass Wohnungsbaugenossenschaften und kommunale Wohnungsgesellschaften aus der Förderung praktisch ausgeschlossen sind, obwohl gerade sie billigeren Wohnraum schaffen. Statt der Sonderabschreibung (oder zusätzlich zu ihr) sollte es daher eine direkte Investitionszulage geben, schlägt etwa der Bundesverband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen vor. Eine solche Zulage könnte allerdings für den Bund teurer werden als die Abschreibung, weil an Steuerausfällen auch die Länder und Kommunen beteiligt sind.
Binding sagte: „Die Erwartungen an den Entwurf stellen sich im Lichte der Anhörung jetzt anders dar.“ Da im privaten Wohnungsbau derzeit offenbar die Kapazitäten ausgelastet seien, bestehe die Gefahr, dass es zu Mitnahmeeffekten bei bestehenden Projekten komme und nicht zu zusätzlichen Bauten. Das DIW nimmt sogar an, dass im ersten Jahr die gesamte Förderung in Wohnungen fließen würde, die ohnehin schon geplant waren. Insgesamt plant der Bund mit Steuermindereinnahmen von 2,1 Milliarden Euro durch die Sonderabschreibung.
Zusätzliche Forderungen der SPD
Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. Doch wird Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wohl nacharbeiten müssen. In der SPD-Fraktion wird unter anderem gefordert, dass der Dachgeschossausbau zusätzlich in den Förderkatalog kommt und auch die Umnutzung von Gewerberäumen zu Wohnungen im Zuge der Nachverdichtung in Innenstädten.
Die Berliner SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe sagte dem Tagesspiegel, die geplante Sonderabschreibung "ist eine Goldgrube für private Wohnungsbauunternehmen". Ohne Absenkung der Förderhöhe sowie eine Mietpreisgrenze würden nur teure Wohnungen mit einer Kaltmiete von bis zu 15 Euro pro Quadratmeter entstehen. "Unser Ziel ist es, mit dieser Förderung bezahlbare Wohnungen für untere und mittlere Einkommen zu schaffen.“