Chemnitz: Fall Daniel H.: Tatverdächtiger kommt aus U-Haft frei
Im Fall des in Chemnitz getöteten Daniel H. soll einer der Verdächtigen aus der U-Haft entlassen werden. Der zweite Tatverdächtige bleibt in Haft.
Einer der Verdächtigen im Fall des in Chemnitz getöteten Daniel H. kommt auf freien Fuß. Dies teilte sein Rechtsanwalt Ulrich Dost-Roxin am Dienstag im Internet mit, die Staatsanwaltschaft Chemnitz bestätigte dies kurz darauf. Zuerst hatten NDR und „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet.
Die Aufhebung des Haftbefehls sei überfällig gewesen, so der Anwalt auf seiner Homepage. Sein Mandant Yousif A. habe "ohne jeden Tatverdacht" mehr als drei Wochen in Untersuchungshaft verbringen müssen. Dass sein Mandant einer der Mittäter gewesen sein könnte, die Daniel H. niederstachen, sei "ein Phantasiegebilde der Staatsanwaltschaft". Die im Haftbefehlsantrag vom Staatsanwalt benannten Beweise seien "Fake-Beweise". Kein Tatzeuge habe seinen Mandanten der Tatbeteiligung bezichtigt.
Das bestätigte auch die Staatsanwaltschaft Chemnitz. Es gebe keine Zeugen, die gesehen hätten, dass er mit einem Messer zugestochen habe. Auch gebe es keine objektiven Spuren, die dem Mann zugeordnet werden könnten, sagte die Sprecherin.
Der Anwalt äußerte zudem den Verdacht, dass der Staatsanwalt "willentlich" seinen Mandanten "rechtsbeugend der Freiheit berauben wollte". Er nannte es eine "naheliegende Überlegung und Recherchen wert", dass er dazu von dem ihm vorgesetzten Oberstaatsanwalt, Behördenleiter oder von der Sächsischen Generalstaatsanwaltschaft angewiesen wurde. A. soll aus dem Irak stammen. Allerdings hat das Bundesinnenministerium Zweifel an der Identität geäußert.
Zweiter Tatverdächtiger bleibt in Haft
Wegen des Tötungsdelikts an Daniel H. sitzt derzeit neben Yousif A., ein mutmaßlich aus Syrien stammender Verdächtiger in U-Haft. Der zweite Tatverdächtige, ein 23 Jähriger, soll allerdings laut offiziellen Angaben in Untersuchungshaft bleiben. Das Amtsgericht lehnte am Dienstag die von den Anwälten beantragte Aufhebung des Haftbefehls gegen den 23-jährigen mutmaßlichen Syrer ab, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Chemnitz sagte. Es bestehe gegen den 23 Jahre alten Syrer weiterhin dringender Tatverdacht und die Umstände, die den Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen Totschlags gegen den Asylbewerber begründeten, hätten sich "weiter verdichtet".
Die Staatsanwaltschaft gehe nach dem Stand der Ermittlungen davon aus, dass der Syrer und ein noch flüchtiger Iraker an der Tötung beteiligt gewesen seien.
Die beiden Asylbewerber waren verdächtigt worden, am 26. August einen 35 Jahre alten Deutschen auf offener Straße niedergestochen und zwei weitere Männer durch Messerstiche zum Teil schwer verletzt zu haben.
Nach einem dritten Tatverdächtigen wird international gefahndet. Nach Angaben des Verwaltungsgerichts Chemnitz wurde dessen Asylantrag Anfang 2017 abgelehnt, dagegen klagte er. Über die Klage ist noch nicht entschieden.
Wohl kein Polizeischutz für Yousif A.
Yousif A. bekommt vorerst wohl keinen Polizeischutz. "Personenschutz für mutmaßliche Straftäter ist aus meiner Sicht nicht vorgesehen", sagte Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) am Dienstag in Dresden. Landespolizeipräsident Jürgen Georgie hatte auf Anfrage gesagt, die Kollegen in Chemnitz seien auf mögliche Reaktionen vorbereitet. Es gebe aber bisher keine Anhaltspunkte für Zusammenrottungen.
Das Tötungsdelikt hatte zahlreiche Demonstrationen auch rechter Gruppen in Chemnitz nach sich gezogen, die teilweise in Gewalttätigkeiten mündeten. Gegen mehrere Personen laufen Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Zwei Männer sind wegen des Zeigens des Hitlergrußes bereits zu fünf Monaten Haft beziehungsweise acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. (AFP, dpa, Tsp)
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