Flucht aus der Ukraine: Faeser kündigt Flüchtlingsgipfel an
In der Fragestunde lobt die Innenministerin die Solidarität in Bund und Ländern mit den Geflüchteten - und weist die AfD in die Schranken
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat einen Gipfel von Bund, Ländern und Kommunen zur aktuellen Flüchtlingspolitik in Aussicht gestellt. "Es wird ein geeignetes Format geben, auch öffentlich", das über das hinausgehe, was ohnehin seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine an täglicher Koordinationsarbeit geschehe, sagte die SPD-Politikerin im Bundestag. Mehrere Abgeordnete aus der Ampel-Koalition hatten sie in der Fragestunde dazu um Auskunft gebeten.
Die Ministerin lobte die aus ihrer Sicht bisher reibungslose und rasche Zusammenarbeit aller staatlichen Ebenen. Es gebe einen "fast täglichen Austausch" mit den Ländern, auch den kommunalen Spitzenverbänden. Man sei unmittelbar am 24. Februar, dem ersten Tag des Krieges, "in die Verteilung gegangen", habe sich zusammen mit der Deutschen Bahn um den Weitertransport von Geflüchteten gekümmert, sagte Faeser.
Flüchtlinge zweimal kontrollieren? "Meine Auffassung ist das nicht"
Bis zum vergangenen Wochenende sei man ohne den Königsteiner Schlüssel ausgekommen, das sei nun nicht mehr möglich, "jetzt machen wir das auch so". Der Königsteiner Schlüssel regelt, welches Land wieviel von gemeinsamen Aufgaben übernimmt, für die alle Bundesländer zuständig sind. Berücksichtigt werden dabei die Einwohnerzahl und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Faeser lobte wie etliche Abgeordnete, dass die EU-Länder erstmals einmütig zur gemeinsamen Aufnahme von Kriegsflüchtlingen entschlossen seien. Es gebe aber auch "großartige Angebote" europäischer Länder, die nicht Mitglieder der EU sind: Die Schweiz habe angeboten, 40.000 Menschen aus der Ukraine aufzunehmen, so Faeser, ein ähnliches Angebot gebe es aus Norwegen. Sie mahnte zugleich die großen EU-Mitgliedsländer, mit gutem Beispiel voranzugehen, namentlich Deutschland, Frankreich und Spanien. In Polen gebe es inzwischen eine Kontaktstelle, über die sie, aber auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) täglich Kontakt hielten und sich abstimmten.
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Faeser wies während der Fragestunde mehrfach die AfD in die Schranken, deren Fragen suggerierten, an der deutsch-polnischen Grenze entstünden "Sicherheitsrisiken", weil 40 Prozent derer, die kämen, nicht überprüft würden. Der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio forderte zudem, "Platz für echte Flüchtlinge" zu schaffen, ndem man "das Heer der Ausreisepflichtigen" des Landes verweise.
"Es würde helfen, wenn Sie nicht die Sprache gebrauchten, die Sie verwenden", entgegnete Faeser. Nicht geprüft würden lediglich sechs, nicht vierzig Prozent. Die Bundespolizei mache "einen großartigen Job", die wesentlichen Kontrollen übernehme aber Polen, das anders als Deutschland an die Ukraine angrenze. Als auch der Berliner Abgeordnete und CDU-Generalsekretär Mario Czaja fragte, wie Vorsorge getroffen werde, dass mit den offenen Grenzen für Geflüchtete nicht andere "Schindluder" trieben, fragte Faeser zurück, ob er in er aktuellen Kälte wirklich eine zweite umfassende Prüfung nach der polnischen wolle. "Meine Auffassung ist das nicht." Es gebe zudem über das System Eurodac einen funktionierenden Datenabgleich.
Rechtsextreme im Staatsdienst: Beweislastumkehr geplant
Faeser nahm auch Stellung zum Programm ihres Hauses gegen Rechtsexremismus. Dessen Netze müssten zerschlagen, die Rechten entwaffnet und Kommunalpolitiker:innen besser geschützt werden. Um Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst zu bekommen, denke sie an die Umkehr der Beweislast: Dann müsste nicht mehr der Arbeitgeber Staat den schlüssigen Beweis liefern, dass eine Beamtin oder ein anderer öffentlich Bediensteter rechtsextrem sein, sondern der oder die Betroffene ihre Unschuld glaubhaft machen.
Als vordringlich nannte Faeser frühzeitige Prävention und die Vermittlung von Medienkompetenz gerade an junge Menschen. Sie müssten in die Lage versetzt werden, Falschmeldungen rechter Netze zu erkennen. Proteste aus der AfD-Fraktion, die auf islamistischen Extremismus hinwies, konterte Faeser erneut. Sie sei gegen jede Art von Extremismus, aber "Im Moment ist der rechtsextreme Terror die größte Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland." Mit dieser Auffassung sei sie auch nicht allein, die entsprechenden Zahlen stünden in der Polizeilichen Kriminalstatistik, die Chefs von Bundeskriminalamt und Verfassuungsschutz hätten dies gerade bestätigt.