Völkermord auf dem Balkan: Ex-General Ratko Mladic zu lebenslanger Haft verurteilt
Mladic gilt als Hauptverantwortlicher für die Kriegsgräuel auf dem Balkan in den 1990ern. Bei der Urteilsverkündung lässt ihn der Richter aus dem Saal bringen.
Der bosnisch-serbische Ex-General Ratko Mladic (75) ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Richter des UN-Kriegsverbrechertribunals zum früheren Jugoslawien sprachen ihn am Mittwoch in Den Haag unter anderem für den Völkermord in Srebrenica 1995 schuldig. Er war erst 2011 nach 16 Jahren auf der Flucht festgenommen worden.
Bei der Urteilsverkündung am Mittwoch ist Mladic aus dem Gerichtssaal entfernt worden. Der Vorsitzende Richter Alphones Orie ließ ihn rausbringen, nachdem er lautstark protestiert hatte. Die Verteidigung hatte zuvor erfolglos gefordert, die Urteilsverkündung abzukürzen, weil der Blutdruck des Angeklagten gefährlich hoch sei. Das Gericht setzte die Verlesung des Urteils ohne Mladic fort.
Die Anklage listet Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in insgesamt elf Fällen auf. Als Oberkommandant der bosnischen Serben war Mladic der Anklage zufolge hauptverantwortlich für Vertreibungen, Folter, Mord und Vergewaltigungen.
Die schwerwiegendsten Vorwürfe sind: die über drei Jahre dauernde Belagerung von Sarajevo mit tausenden Todesopfern. Misshandlung von Gefangenen in Internierungslagern. Terrorkampagne gegen Kroaten und Muslime in bosnischen Kommunen, die Geiselnahme von UN-Soldaten sowie der Völkermord von Srebrenica. Serbische Einheiten hatten 1995 die damalige UN-Schutzzone Srebrenica überrannt und rund 8000 muslimische Männer und Jungen ermordet.
Mladic plädiert auf Unschuldig
„Das Ziel von Mladic war ein „ethnisch reines Großserbien“, erklärten die Ankläger. „Es wäre eine Beleidigung der Opfer - lebend oder tot - und ein Affront gegen die Justiz, eine andere Strafe zu verhängen als die rechtlich schwerst mögliche: lebenslang.“
Der Angeklagte selbst hatte erklärt, unschuldig zu sein. Seine Anwälte forderten Freispruch. Im Balkankrieg von 1992 bis 1995 waren etwa 100.000 Menschen getötet und zwei Millionen vertrieben worden.
Einige Dutzend Angehörige der Opfer waren zur Urteilsverkündigung nach Den Haag gereist. Sie erwarten, dass der Ex-General zu lebenslanger Haft verurteilt werde. „Die Höchststrafe ist eine Form von Gerechtigkeit“, sagte die Vizepräsidentin der „Mütter von Srebrenica“, Kada Hotic.
2016 war Mladics enger Vertrauter, der bosnische Serbenführer Radovan Karadzic, für eine fast identische Anklage zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Karadzic und die Anklage legten Berufung ein.
Der 2012 gestartete Prozess ist der letzte des Tribunals, das zum Jahresende seine Arbeit nach 24 Jahren abschließt. Noch laufende Berufungsverfahren werden von einer neuen Instanz in Den Haag übernommen. (dpa)