Überraschende Entscheidung der SPD-Fraktion: Eva Högl soll Wehrbeauftragte werden
Die SPD-Fraktion will Eva Högl zur Wehrbeauftragten des Bundestages machen – und Hans-Peter Bartels in den Ruhestand schicken. Der zeigt sich „unfroh“.
Die Berliner Bundestagsabgeordnete Eva Högl (SPD) soll nach dem Willen der SPD-Fraktion neue Wehrbeauftragte des Bundestags werden. Die Fraktionsführung um ihren Chef Rolf Mützenich will die Innen- und Rechtspolitikerin vorschlagen, die bislang stellvertretender Fraktionschefin ist. Ein Fraktionssprecher bestätigte am Mittwoch eine entsprechende Meldung der „Süddeutschen Zeitung“.
Die 51-jährige Politikerin soll Nachfolgerin des SPD-Politikers Hans-Peter Bartels werden, der für seine Arbeit im Bundestag breite Unterstützung genoss und die Position gerne weitere fünf Jahren ausgefüllt hätte. Auch in der Opposition wurde ihm Respekt gezollt. Bartels verstand sich nicht nur als Anwalt der Soldaten, sondern mischte auch selbstbewusst in den großen Debatten über Aufgaben und Zukunft der Bundeswehr mit.
Bartels reagierte mit Kritik und Unverständnis: Die Gründe seien ihm nicht klar, kritisierte er in einem Brief an seine Genossen. „Das Ergebnis und die Art der Entscheidungsfindung machen mich - nach insgesamt 22 Jahren Bundestag - ein bisschen unfroh“, schrieb er darin.
Fraktionschef Mützenich ging in seinem Brief an die SPD-Abgeordneten nicht auf Bartels und die Gründe für die Ablösung ein. Mützenich wies aber auf die "langjährige parlamentarische Erfahrung und breite Expertise" von Eva Högl hin. Sie bringe "alle Voraussetzungen" mit, "um dieses Amt erfolgreich und wirkungsvoll auszuüben", schrieb Mützenich in dem Brief.
Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wertete die geplante Ablösung von Bartels durch Högl als "Affront gegen die Soldatinnen und Soldaten". Gegenüber AFP zog die FDP-Politikerin Högls fachliche Eignung in Zweifel. Die Bundeswehr durchlebe gerade "extrem herausfordernde Zeiten", sagte die Liberale. "Jetzt jemanden zu nehmen, der von der Materie keine Ahnung hat, zeigt einfach, dass Herr Mützenich null Bock auf die Institution Bundeswehr hat."
Auch dem SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs waren Ambitionen auf das Amt nachgesagt worden, die Union soll sich aber gegen den Hamburger Politiker gestellt haben, der für seinen polarisierenden Stil bekannt ist. Zudem hatte der Haushaltspolitiker am Amtsinhaber vorbei bei den Haushaltsverhandlungen im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass das Amt des Wehrbeauftragten mit zusätzlichen Stellen ausgestattet wurde, die Bartels gar nicht beantragt hatte.
Högl wäre nach Claire Marienfeld von der CDU (1995 bis 2000) die zweite Frau, die das Amt ausfüllt. Sie müsste dann aus dem Bundestag ausscheiden. Anders als die bisherigen Wehrbeauftragten ist Högl keine ausgewiesene Verteidigungsexpertin. Sie war Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss des Bundestages zur rechtsextremistischen Terrorgruppe NSU und ist Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages für die Geheimdienste.
Högl galt als Kandidatin für den Justizminister-Posten
Högl ist seit Januar 2009 Mitglied des Bundestages, in den sie als Nachrückerin einzog. Drei Mal hat sie seither den Wahlkreis Berlin-Mitte direkt gewonnen, 2017 allerdings mit 23,5 Prozent der Erststimmen sehr knapp. Bei der Regierungsbildung im Frühjahr 2018 galt sie als aussichtsreiche Kandidatin für den Posten der Bundesjustizministerin. Die Berufung von Franziska Giffey zur Bundesfamilienministerin minderte ihre Chancen, weil der kleine Berliner Landesverband sonst mit zwei Ministerinnen im Bundeskabinett vertreten gewesen wäre.
Womöglich hängt Högls Entscheidung auch damit zusammen, dass bei der Kandidatenaufstellung der SPD für die nächste Bundestagswahl eine harte Konkurrenz befürchtet wird und die Aussichten, das Direktmandat zu verteidigen, ungewiss sind. Im Februar hatte Högl bekannt gegeben, dass sie nicht ein weiteres Mal für den Kreisvorsitz des Bezirks Mitte kandidieren wolle.
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