Geldwäsche in der EU: Europa bleibt ein Paradies für Geldwäscher
Auch deutsche Manager scheuen schmutziges Geld nicht. Im Kampf gegen Geldwäsche versagt nicht die EU, sondern die nationalen Regierungen. Ein Kommentar.
Der Skandal eskaliert seit Jahren und erstreckt sich über ganz Europa. In diesem Jahr war Lettland der erste Schauplatz. Dort kam heraus, dass die Bank ABLV in illegale Geschäfte mit Nordkorea verstrickt war. Zugleich wurde bekannt, dass eine weitere Bank den Gouverneur der Zentralbank bestochen hatte, um ähnliche Ermittlungen abzuwehren. Aufgedeckt wurde das allerdings nicht durch die Aufsicht führende Europäische Zentralbank (EZB), sondern – höchst peinlich für die EU – durch Ermittler der US-Behörden.
Hässliche Nachrichten gab es bald darauf auch aus Dänemark. Dort hat das führende Geldhaus „Danske Bank“ mindestens 200 Milliarden Euro ungeprüft aus vermutlich illegalen Geschäften in Russland über die Niederlassung in Estland in die Eurozone eingeschleust. Das bescherte ihr zeitweilig eine Kapitalrendite von 40 Prozent und beförderte den Verantwortlichen auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden. Ein Teil des Geldes lief nach Ermittlungen des Hedgefonds-Managers Bill Browder über Zypern, wo das Geschäft mit russischem Schwarzgeld auch blendend läuft. Praktischerweise konnten russische Investoren dort während der Eurokrise unter Anleitung der EZB ihre Einlagen bei der Bank of Cyprus in Aktien verwandeln, wo sie nun großen Einfluss haben. Zur Seite steht ihnen als Vorsitzender des Verwaltungsrats Josef Ackermann, der Ex-Chef der Deutschen Bank.
Auch deren Manager haben das schmutzige Geld nicht gescheut. Schon 2017 musste Deutschlands führende Bank rund 700 Millionen US-Dollar Bußgeld zahlen, weil sie beim Waschen von zehn Milliarden Dollar Schwarzgeld erwischt wurde. Nun stellte die Bankenaufsicht fest, dass die Bank ein Jahr später noch immer nicht die vorgeschriebenen Prüfungsmethoden bei ihren Kunden einhält.
Ähnliche Vorgänge kamen zeitgleich bei der niederländischen ING-Bank und der finnischen Nordea ans Licht. Und das sind nur die Fälle dieses Jahres. All das zeigt: Die EU ist ein Paradies für Geldwäscher, und das trotz immer neuer Enthüllungen. Dabei sollte das Problem doch eigentlich längst gelöst sein.
EU verstärkt Kampf gegen Geldwäsche
Schon fünfmal haben das EU-Parlament und der Ministerrat die Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche verschärft. Von der Großbank über den Immobilienmakler bis zum Notar sind alle beteiligten Akteure verpflichtet, die Herkunft des Geldes ihrer Kunden zu prüfen und Verdachtsfälle den Behörden zu melden. An den europäischen Institutionen und ihrer Gesetzgebung liegt es also nicht. Doch deren Umsetzung scheitert auf breiter Front, und das ist kein Zufall. Denn die obliegt allein den nationalen Regierungen und ihren Behörden. Deren Interesse aber gilt zuallererst der Förderung ihrer Wirtschaft, nicht zuletzt durch ausländische Investoren. Da liegt es nahe, nicht allzu genau hinzugucken, woher das Geld kommt. Und das gilt keineswegs nur für die üblichen Verdächtigen in Malta oder Zypern. Auch die in Deutschland zuständige „Financial Intelligence Unit“ beim Bundeszollamt ist seit Langem hoffnungslos unterbesetzt und überfordert. Wären dagegen die existierenden Regeln durchgesetzt worden, hätte etwa die Geldwäsche der kriminellen arabischen Clans in Berlin beim Immobilienkauf schon 2008 entdeckt werden können, ergab kürzlich eine Recherche des Handelsblatts. Es fehle einfach „an energischem Willen“ der Politik, bestätigt Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei.
Nationale Egoismen
So dokumentiert der endlose Geldwäscheskandal von Helsinki bis Lissabon einmal mehr den zentralen Schwachpunkt der europäischen Integration: Die Schaffung des Binnenmarktes hat die Mitgliedsländer wirtschaftlich auf Gedeih und Verderb miteinander verschmolzen. Aber gleichzeitig klammern sich die nationalen Apparate mit aller Macht an ihre überholte Bedeutung und verhindern, dass Institutionen auf europäischer Ebene exekutive Vollmachten erhalten, um das europäische Gemeinwohl gegen nationale Egoismen durchzusetzen.
Das zeigte sich erneut, als die EU-Finanzminister vor zwei Wochen wieder mal über ihr Geldwäscheproblem berieten. Wegen des offenkundigen Versagens der nationalen Behörden fordert die EU-Kommission, der bisher nur mit Prüfaufgaben betrauten European Banking Authority (EBA) die Vollmacht zu geben, direkt gegen verdächtige Finanzinstitute und Behörden vorzugehen. Doch die Minister mochten sich auf keinen konkreten Vorschlag einigen und vertagten sich. Europas Geldwäscher müssen weiterhin nur die US-Behörden fürchten.
Harald Schumann