Schuldenerleichterungen für Griechenland: Euro-Finanzminister erwägen offenbar Streckung von Krediten
In Brüssel haben die Euro-Finanzminister über die Reformen in Griechenland diskutiert. Erstmals waren auch Schuldenerleichterungen ein Thema. Nun werden Einzelheiten bekannt.
Am Sonntagabend hatte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras noch vor den griechischen Parlamentariern orakelt, dass am Montag in Brüssel wichtige Dinge passieren würden. Erstmals in sechs Jahren der Krise würden sich die Euro-Finanzminister versammeln, um über Schuldenerleichterungen für Athen zu sprechen, sagte Tsipras voraus.
Er sollte Recht behalten. Am Montag sprachen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine 18 Amtskollegen bei der Sondersitzung in Brüssel über eine mögliche Verringerung der griechischen Schuldenlast. Nach der Sitzung sagte Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem, es gebe kurz-, mittel- und langfristige Überlegungen für eine Erleichterung bei den griechischen Schulden. Grundlegende Änderungen am Kreditprogramm wie längere Rückzahlungsfristen sollen dabei erst 2018 geprüft werden.
Nach den Worten von Dijsselbloem gibt es zwei "rote Linien": Es dürfe keinen klassischen Schuldenschnitt (Haircut) geben, bei dem Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssten. Und zum anderen dürfe das laufende Hilfsprogramm für Hellas nicht verändert werden.
Das "Handelsblatt" berichtet nun über Einzelheiten einer möglichen Schuldenerleichterung. Demnach könnte es um längere Kreditlaufzeiten, eine Deckelung der Tilgung und niedrigere Zinsen gehen. Grundlage der Beratungen der Euro-Finanzminister sei ein Vorschlag des Euro-Rettungsfonds ESM gewesen, in dem die langfristige Schuldentragfähigkeit Athens mit "ernster Sorge" betrachtet werde.
In dem Papier werden den Angaben zufolge folgende mögliche Zugeständnisse genannt: Die durchschnittliche Laufzeit für die Kredite aus dem Rettungsprogramm II wird um fünf Jahre verlängert; die Tilgung dieser Kredite wird bis 2050 auf maximal ein Prozent vom griechischen Bruttoinlandsprodukt begrenzt; die Euro-Zone sichert Griechenland zu, für diese Darlehen bis 2050 nicht mehr als zwei Prozent Zinsen zu verlangen. Die drei Maßnahmen würden auf Kredite in Höhe von 130,9 Milliarden Euro angewandt.
ESM könnte Zinslast der IWF-Kredite für Griechenland senken
In dem ESM-Vorschlag werde überdies angeregt, Griechenland weiterhin die Zinsgewinne zu überweisen, die die Notenbanken mit griechischen Staatsanleihen erzielen, heißt es im "Handelsblatt". Außerdem werde darüber nachgedacht, dass der ESM die vergleichsweise hoch verzinslichen IWF-Kredite an Griechenland übernehme, und dem Land dafür dann niedrigere Zinsen berechne.
Möglicherweise müssten alle Maßnahmen kombiniert werden, um die Schuldentragfähigkeit Griechenlands wiederherzustellen, heiße es in dem ESM-Papier. Der Euro-Rettungsschirm gibt damit dem IWF recht, der die Schuldentragfähigkeit Athens schon lange anzweifelt und sich nur finanziell weiter an der Rettung Griechenlands beteiligen will, wenn die Eurozone dem Land beim Schuldendienst Erleichterungen gewährt.
Etliche EU-Partner sehen Schuldenerleichterungen skeptisch
In der vergangenen Woche hatte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, in einem Schreiben an die Euro-Staaten gefordert, dass das Thema der Schuldenerleichterungen "sofort auf den Tisch" kommen müsse. Allerdings sehen etliche EU-Partner Griechenlands – darunter Deutschland, Österreich und Finnland – Schuldenerleichterungen skeptisch.
"Was der IWF möchte, ist das eine, und was wir beschlossen haben, ist das andere", sagte Schäuble mit Blick auf eine Entscheidung der Euro-Gruppe vom vergangenen August, bei der ein "Haircut" ausgeschlossen worden war. Sein finnischer Amtskollege Alexander Stubb erklärte, dass sich die Schuldenlast Griechenlands möglicherweise durch eine Verlängerung der Laufzeiten der Kredite oder eine weitere Zinssenkungen verringern lasse.
Bei der nächsten Sitzung der Euro-Gruppe am 24. Mai sollen nun weitere Details zu den möglichen Schuldenerleichterungen für Griechenland besprochen werden. Bei dieser Gelegenheit wollen die Euro-Finanzminister auch wieder über die Auszahlung der nächsten fälligen Hilfstranche für Athen in Höhe von fünf Milliarden Euro beraten. (mit AFP)