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Außenminister Heiko Maas (SPD) am Montag beim Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel.
© John Thys/AFP

Treffen der Außenminister in Brüssel: EU verschärft Sanktionen gegen Belarus

In Brüssel bringen die EU-Außenminister angesichts der Flüchtlingskrise weitere Sanktionen gegen Belarus auf den Weg. Derweil spitzt sich die Lage vor Ort zu.

Schon am Montagmorgen machte Heiko Maas (SPD) in Brüssel klar, dass sich die EU nicht vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko erpressen lassen will. „Wir werden die Sanktionen weiter verschärfen“, kündigte Maas zum Auftakt des Treffens mit seinen EU-Amtskollegen an. Nach den Worten des Außenministers gehe es dabei zum einen um Sanktionen gegen Einzelpersonen, die an den Schleusungen von Migranten aus Krisengebieten via Belarus in die EU beteiligt sind.

Zudem müsse man darüber reden, dass „harte wirtschaftliche Sanktionen unumgänglich“ seien. Nach Angaben von EU-Diplomaten könnten sich die Sanktionen unter anderem gegen die belarussische Airline Belavia sowie gegen insgesamt 30 bis 40 Einzelpersonen und Unternehmen richten.

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Bis die EU in der inzwischen fünften Sanktionsrunde gegen Belarus eine Sanktionsliste mit Personen und Organisationen vorlegt, werden voraussichtlich mindestens noch einige Tage vergehen. Die Gemeinschaft will bis dahin sicherstellen, dass die neuen Strafmaßnahmen juristisch wasserdicht sind. Zudem sollen die konkreten Sanktionen zunächst mit Partnern wie den USA, Großbritannien und Kanada abgestimmt werden.

Am Montag fassten die EU-Außenminister in einem ersten Schritt einen Beschluss, der die rechtliche Ausweitung des bestehenden Sanktionsregimes gegen Belarus angesichts der zugespitzten Lage der Flüchtlinge im belarussisch-polnischen Grenzgebiet ermöglicht.

Mass setzt auf Besonnenheit der polnischen Regierung

In einem vom polnischen Verteidigungsministerium veröffentlichten Video war am Montag zu sehen, wie polnische Grenzschützer in der Nähe des Grenzübergangs von Kuznica entlang eines Stacheldrahtzauns Position bezogen haben. Auf der belarussischen Seite waren mehrere hundert Flüchtlinge zu sehen. Maas warf der Führung in Minsk vor, dass Soldaten auf der belarussischen Seite versuchten, den Flüchtlingen und Migranten „den Weg freizuschlagen“. Er gehe indes davon aus, dass die polnische Regierung besonnen genug sei, um „sich nicht in eine gewaltsame Auseinandersetzung hineinziehen zu lassen“, sagte Maas weiter.

Litauens Außenminister fordert Flugverbotszone über Minsk

Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis forderte indes am Rande des Treffens in Brüssel, vorübergehend über dem Flughafen von Minsk eine Flugverbotszone einzurichten. Die EU wirft Lukaschenko vor, Migranten aus mehreren Dutzend Ländern in die belarussische Hauptstadt einfliegen zu lassen, um sie anschließend Richtung EU weiterzuschicken. Auf diese Weise will der belarussische Diktator die Gemeinschaft offenbar zwingen, die bestehenden Sanktionen gegen sein Land wieder zurückzunehmen.

EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas führte am Montag Gespräche mit der Regierung in Bagdad.
EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas führte am Montag Gespräche mit der Regierung in Bagdad.
© Mohamed Azakir/REUTERS

Damit Migranten in der Nahostregion erst gar nicht Flüge nach Minsk antreten, hatte der für Migration zuständige EU-Kommissionsvizechef Margaritis Schinas in der vergangenen Woche Gespräche in Beirut und Dubai geführt. Am Montag traf Schinas in Bagdad unter anderem den irakischen Ministerpräsidenten Mustafa al-Kadhimi. Laut einer Ankündigung des Außenministeriums in Bagdad ist für den kommenden Donnerstag ein erster Sonderflug geplant, mit dem irakische Migranten aus Belarus wieder zurück in ihre Heimat gebracht werden sollen.

Die Bundesregierung ließ derweil am Montag offen, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Anregung des russischen Präsidenten Wladimir Putin folgen und das direkte Gespräch mit Lukaschenko suchen will. Regierungssprecher Steffen Seibert wies auf die Praxis hin, wonach von der Bundesregierung nicht vorab über Gespräche informiert werde, sondern danach. Auf die Frage, ob der Umstand, dass die EU die Wahl von Lukaschenko nicht anerkennt, einen direkten Kontakt mit dem Diktator unmöglich mache, sagte er: „Grundsätzlich kann mit allen telefoniert werden.“

Berlin will kein Signal der Aufnahmebereitschaft geben

Seibert machte deutlich, dass Deutschland auch für den Fall, dass die Einreise von Flüchtlingen aus Krisenländern nach Belarus versiegt, kein Signal der Aufnahmebereitschaft für die gegenwärtig im Grenzgebiet festsitzenden Flüchtlinge geben will. Die Bundesregierung begrüße es, „wenn Flüchtlinge sicher in ihr Herkunftsland zurückgebracht werden können“, sagte er auf eine  entsprechende Frage.

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Die Ankündigung von Lukaschenko, bei der Rückführung von Flüchtlingen in ihre Heimatländer zu helfen, sieht die Bundesregierung offenbar mit großer Skepsis. „Die Bilder, die uns heute Morgen von der polnisch-belarussischen Grenze erreichen, sprechen eine andere Sprache“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Lukaschenko hatte zuvor widersprüchliche Signale  ausgesandt. Zum einen hatte er angekündigt, es werde „aktiv“ an einer Rückführung der im Grenzgebiet zu Polen festsitzenden Flüchtlinge in ihre Heimatländer gearbeitet. Belarus versuche, die Flüchtlinge im Grenzgebiet zu Polen von einer Heimreise zu überzeugen. Dies sei bislang aber erfolglos geblieben, zitierte ihn die amtliche Nachrichtenagentur Belta. Zugleich erklärte Lukaschenko, er wolle „falls nötig“ die Menschen nach München fliegen lassen.

Auswärtiges Amt wendet sich gegen Gerüchte

Das Auswärtige Amt versucht unterdessen, potenzielle Flüchtlinge auch durch Botschaften in sozialen Netzwerken von einer Reise nach Belarus abzuhalten. "Gerüchte, wonach Deutschland Menschen mit Bussen aus Belarus abholen und  durch Polen nach Deutschland bringen will, sind falsch", twitterte das AA unter dem Hashtag "#RumoursAboutGermany" in englischer Sprache: "Wer diese Lügen verbreitet, bringt Menschen in große Gefahr."

Wie zuvor die US-amerikanische und französische Regierung kritisierte auch die Bundesregierung Russland für Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenze. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, die Bundesregierung sehe die Truppenkonzentration mit großer Sorge und fordere Russland zur Zurückhaltung  auf. Eine militärische Eskalation müsse verhindert werden. Ähnlich hatten sich zuvor die Außenminister der USA und Frankreichs, Antony Blinken und Jean-Yves Le Drian, geäußert.

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