Flüchtlingsabkommen: EU verlangt von Türkei Garantien für nicht-syrische Flüchtlinge
Auf dem Weg zu einer möglichen Visafreiheit für türkische Bürger gibt es noch eine ganze Reihe von Knackpunkten.
„Wir arbeiten im Geist des gegenseitigen Vertrauens zusammen.“ Mit diesen Worten reagierte der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Mittwoch in Brüssel auf die Frage, ob er die jüngsten Äußerungen aus der türkischen Staatsspitze zur möglichen Visaliberalisierung als Drohung auffasse. Die Regierung in Ankara erwartet, dass die EU ab Ende Juni die Visafreiheit für türkische Bürger gewährt. Ob es tatsächlich dazu kommt, wird an einem Fortschrittsbericht abzulesen sein, den die EU-Kommission am 4. Mai vorlegen will. Wenn die Türkei bis dahin die nötigen Kriterien erfüllt, dann will die Brüsseler Behörde nach den Worten von Avramopoulos einen Gesetzgebungsvorschlag zur Visafreiheit vorlegen. Allerdings stellte der EU-Kommissar auch klar: „Es wird keine Visafreiheit geben, wenn nicht alle Bedingungen erfüllt werden.“
Zuvor hatte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mit markigen Worten die Erwartungen seines Landes bei der Visafreiheit unterstrichen. „Mehr noch als die Türkei die Europäische Union benötigt, braucht die Europäische Union die Türkei“, hatte Erdogan gesagt. Auch der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu hatte indirekt damit gedroht, den EU-Türkei-Deal zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen platzen zu lassen, wenn die EU ihre Zusagen bei der Visaliberalisierung nicht einhält.
Juncker sprach im Dialog mit Davutoglu das Problem der nicht-syrischen Flüchtlinge an
Allerdings will sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker davon offenbar nicht beeindrucken lassen. Nach Angaben aus EU-Kreisen wies er Davutoglu bei einem Gespräch in Straßburg am Dienstag nicht nur darauf hin, dass alle Bedingungen erfüllt werden müssen, bevor die Kommission Anfang Mai ihren Vorschlag zur Visaliberalisierung vorlegt. Zudem betonte Juncker demnach auch, dass die EU noch auf die Zusage der Türkei warte, dass sie aus Griechenland abgeschobene Flüchtlinge aus Ländern wie Afghanistan, dem Irak und Eritrea nicht in Kriegsgebiete zurückschickt.
Migranten aus Afghanistan oder Eritrea sollen nicht in Kriegsgebiete zurückgeschickt werden
Auf eine solche Zusage Ankaras pochen auch die EU-Mitgliedstaaten, die einer möglichen Visaliberalisierung ebenso wie das Europaparlament mit Mehrheit zustimmen müssen. Die EU-Mitgliedstaaten wollten sich nicht dem Vorwurf von Nichtregierungsorganisationen aussetzen, Grundsätze des Völkerrechts zu missachten, hieß es zur Begründung in EU-Diplomatenkreisen. Zu diesen Völkerrechts-Prinzipien gehört der Grundsatz des „Non-refoulement“ (Nichtzurückweisung). Demnach darf ein Flüchtling nicht in ein Land zurückgeschickt werden, in dem ihm Verfolgung droht, etwa wegen seiner Religion.
Laut dem Flüchtlingspakt zwischen der EU und Ankara sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union lediglich verpflichtet, syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufzunehmen. Durch eine Zusage aus Ankara zur Wahrung der Rechte von nicht-syrischen Flüchtlingen soll nun verhindert werden, dass die Türkei diese Migranten ohne weitere Prüfung einfach wieder in ihre Herkunftsländer zurückschickt.