Konfrontation im östlichen Mittelmeer: EU stellt sich hinter Griechenland
Zwischen Athen und Ankara eskaliert der Streit um Gasvorräte. Die EU könnte Sanktionen gegen Ankara verhängen - aber unter einer völkerrechtlichen Bedingung.
Die Situation im östlichen Mittelmeer sei „sehr ernst“, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am Dienstag in Brüssel. Die EU zeige „volle Solidarität“ mit den Mitgliedstaaten Griechenland und Zypern, fügte er hinzu. Die Äußerung kann auch als Warnung an die Adresse Ankaras verstanden werden. Denn die Türkei hatte am Montag das Forschungsschiff „Oruc Reis“ in Gewässer südlich der griechischen Insel Kastellorizo beordert. Dort soll das Schiff nach Gas forschen. Griechenland betrachtet die fraglichen Gewässer als Teil seiner Wirtschaftszone.
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Es ist nicht das erste Mal, dass der Streit zwischen Athen und Ankara um die Energiereserven im östlichen Mittelmeer eskaliert. Bereits Ende Juli hatte Athen die griechische Marine in die Ägäis geschickt, nachdem Ankara angekündigt hatte, mögliche Gasvorkommen vor Kastellorizo zu erkunden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte von diesem Vorhaben aber zwischenzeitlich abgelassen - nicht zuletzt aufgrund einer Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Griechische Marine in erhöhter Alarmbereitschaft
Inzwischen hat Griechenland ein Abkommen mit Ägypten geschlossen, das den beiden Ländern ein Exklusivrecht bei der Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen in der fraglichen Region zusichert. Daraufhin schickte die Türkei das Forschungsschiff „Oruc Reis“ jetzt in die Nähe von Kastellorizo - in Begleitung mehrerer Marineschiffe. Die Athener Regierung reagierte, indem sie die Marine in erhöhte Alarmbereitschaft versetzte. Nach einem Bericht der griechischen Zeitung „Ekathimerini“ verursachte das erhöhe Schiffsaufkommen in der Nähe der „Oruc Reis“ dazu, dass wegen der entstehenden Geräusche die geplanten seismischen Erkundungen nicht möglich sind.
Athen will Sondersitzung der EU-Außenminister beantragen
Auch auf EU-Ebene wird genau auf die weitere Entwicklung in dem Streit zwischen Griechenland und Zypern, das ebenfalls Anspruch auf Öl- und Gasvorräte in der Region erhebt, einerseits und der Türkei auf der anderen Seite verfolgt. In Athen hieß es am Dienstag nach einem Krisentreffen zwischen Regierungschef Kyriakos Mitsotakis und Außenminister Nikos Dendias, dass Griechenland die Einberufung eine Sondersitzung der EU-Außenminister beantragen wolle.
Nach gegenwärtigem Stand findet das nächste Treffen der Außenminister in der EU am 27. und 28. August unter deutschem EU-Vorsitz in Berlin statt. Beschlüsse - etwa über denkbare EU-Sanktionen gegen die Türkei - sind dabei nicht vorgesehen, weil es sich um ein informelles Treffen handelt. Allerdings wäre es theoretisch denkbar, den zweiten Tag des Treffens umzuwidmen und damit konkrete Beschlüsse zu ermöglichen.
Der bisherige Rahmen für Sanktionen müsste geändert werden
Bereits während der letzten türkisch-griechischen Konfrontation im Juli hatte der französische Präsident Emmanuel Macron Sanktionen gegen die Türkei gefordert. Über einen Rahmen für Sanktionen im Streit um die Gasvorräte vor Zypern hatte sich die EU bereits 2019 geeinigt.
Daraufhin hatte die Gemeinschaft im vergangenen Februar Einreiseverbote gegen zwei türkische Staatsbürger verhängt, die an Erdgasbohrungen vor Zypern beteiligt waren. Damit der jüngste Vorstoß der Türkei vor der griechischen Küste ebenfalls geahndet werden könnte, müsste der Sanktionsrahmen noch einmal erweitert werden. Denn während die Türkei seinerzeit vor der Küste Zyperns tatsächlich Bohrungen vornahm, ist es vor dem griechischen Kastellorizo lediglich bei Erkundungen geblieben. Zudem wäre vor der Verhängung möglicher Sanktionen zu klären, in wie weit solche seismischen Erkundungen völkerrechtswidrig sind.
In Brüssel hofft man auf die Wirkung stiller Diplomatie
Gleichzeitig wird in Brüssel betont, dass neben der Drohung mit Sanktionen auch die stille Diplomatie mit Ankara in diesen Tagen eine große Rolle spiele. Doch darauf lässt sich die Regierung in Ankara derzeit nicht ein: Am Dienstag kündigte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu an, dass ab Ende August die Erforschung von Gasvorkommen im östlichen Mittelmeer noch ausgeweitet werde.