Vor der Urlaubssaison: EU-Staaten geben grünes Licht für Impfzertifikat
Geimpfte sollen ab dem Sommer Erleichterungen beim grenzüberschreitenden Reisen genießen. In Brüssel nahm die nötige Gesetzgebung die erste Hürde.
Die geplante Einführung eines EU-Impfzertifikats, das grenzüberschreitendes Reisen in der Pandemie erleichtern soll, rückt näher. Die 27 EU-Staaten einigten sich am Mittwoch in Brüssel darauf, dass das Impfzertifikat ab dem kommenden Sommer für die Dauer von zwölf Monaten eingeführt werden soll. Vor einer Einführung des Zertifikats, die nach der Vorstellung der EU-Kommission bis Ende Juni erfolgen soll, müssen sich die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament in den kommenden Wochen noch über weitere Details einigen.
Urlaubsländer hatten Druck gemacht
Vom Tourismus abhängige Länder wie Griechenland und Spanien hatten auf das Impfzertifikat gedrängt, um in der bevorstehenden Urlaubssaison eine wirtschaftliche Erholung zu ermöglichen. Das Zertifikat sei „wichtig für unsere Bürger, unsere Gesellschaften und die Erholung unseres Volkswirtschaften“, erklärte der portugiesische Regierungschef Antonio Costa. Portugal hat derzeit den rotierenden EU-Vorsitz inne.
Reisende, die ein digitales oder auf Papier vorliegendes Impfzertifikat vorweisen können, sollen nach der Vorstellung von Staaten wie Griechenland, Malta, Portugal oder Spanien von Quarantäne- und Testpflichten befreit werden. Daneben sollen auch Reisende, die nach einer überstandenen Corona-Erkrankung über eine ausreichende Immunität verfügen oder einen negativen Test vorweisen können, von Erleichterungen profitieren.
Reisen sind auch ohne EU-Impfzertifikat möglich
In der Einigung unter den Mitgliedstaaten wird allerdings betont, dass EU-Bürger auch ohne das Impfzertifikat von ihrem Recht auf Bewegungsfreiheit innerhalb der Gemeinschaft Gebrauch machen können. Im Bundesgesundheitsministerium wird betont, dass der digitale Impfnachweis lediglich ein freiwilliges und ergänzendes Angebot sei. Wenn Geimpfte kein Smartphone besitzen oder dieses verloren haben, ist der Impfnachweis über das bekannte „gelbe Heft“ selbstverständlich weiterhin möglich und gültig.
Berlin pochte auf Übergangsfrist
Nach Angaben aus EU-Diplomatenkreisen pochte vor allem Deutschland auf eine sechswöchige Übergangsphase bei der Einführung des Impfzertifikats. In dieser Phase soll es auch möglich sein, dass das der EU-weite Impfnachweis nur von einigen Mitgliedstaaten genutzt wird.
Laut dem Kompromiss unter den EU-Mitgliedstaaten steht es beispielsweise Deutschland frei, Geimpfte, die anderswo in der EU das Vakzin Sputnik V erhalten haben, bei der Einreise von der Test- und Quarantänepflicht zu befreien oder nicht. Der Impfstoff Sputnik V wird in Ungarn verabreicht, obwohl es dafür von der EU-Arzneimittelbehörde (EMA) keine EU-weite Zulassung gibt. Möglich wurde dies durch eine Notfallzulassung in Budapest.
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Wie sie die auf lokaler Ebene erfassten Daten über die Corona-Impfungen bündeln, ist jeweils Sache der 27 EU-Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission arbeitet derzeit unter der Führung des Binnenmarktkommissars Thierry Breton an der Entwicklung einer Schnittstelle, mit deren Hilfe die jeweiligen nationalen Systeme zur Erfassung der Impfnachweise verknüpft werden können.
In Deutschland hat IBM die Federführung
In Deutschland hat das Gesundheitsministerium vier Firmen unter der Federführung des US-Unternehmens IBM mit der Entwicklung der Impfpass-App beauftragt. Zu den beauftragten Firmen gehören außerdem das Kölner Blockchain-Startup Ubirch sowie die Unternehmen govdigital und Bechtle.
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Der digitale Impfnachweis wird in der Arztpraxis oder in einem Impfzentrum generiert. Nach Eingabe oder Übernahme der Daten wird ein 2D-Barcode erstellt, den die Nutzer direkt abscannen können oder auf einem Papierausdruck mitbekommen und später einscannen können. Der digitale Impfnachweis wird dann von den Nutzern über die geplante App, die kostenfrei zum Download bereitgestellt wird, auf dem Smartphone gesteuert.