Anschlag auf Ex-Doppelagent Sergej Skripal in Salisbury: EU ruft Botschafter aus Russland zurück
Nach dem Giftanschlag auf Sergej Skripal in Salisbury stellen sich Europas Staats- und Regierungschefs hinter Großbritannien. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen Moskau.
Nach dem Giftanschlag von Salisbury schließen sich die EU-Staaten der Einschätzung Großbritanniens an, dass sehr wahrscheinlich Russland dafür verantwortlich ist. Dies hätten die 28 Staaten beim EU-Gipfel in Brüssel einheitlich festgestellt, sagte Kanzlerin Angela Merkel am frühen Freitagmorgen. Dafür gebe es „gar keine andere Erklärung“.
Damit verschärft die EU erheblich die Tonlage gegenüber Moskau. Noch am Montag hatten sich die EU-Außenminister nicht auf eine klare Schuldzuweisung an Moskau einigen können. Die britische Premierministerin Theresa May zeigte sich erfreut, dass die EU sich der britischen Linie im Fall des Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und seine Tochter Yulia anschließt.
EU ruft ihren Botschafter aus Moskau zurück
Als erste konkrete Reaktion auf den Anschlag beschlossen die Staats- und Regierungschefs, dass die EU ihren Botschafter aus Moskau für Konsultationen zurück nach Brüssel ruft, wie der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte nach den Beratungen bestätigte. Mehrere Mitgliedstaaten erwögen zudem, auch ihre nationalen Botschafter zurückzurufen oder russische Diplomaten auszuweisen, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Auch Merkel hält weitere Maßnahmen gegen Russland für möglich. Zunächst müsse jedoch die Bewertung durch die mit der Untersuchung beauftragte Chemiewaffenorganisation abgewartet werden.
Beide Opfer noch in kritischem Zustand
Skripal und seine Tochter waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im englischen Salisbury gefunden worden. Sie wurden nach derzeitigem Ermittlungsstand mit dem in der früheren Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Beide befinden sich noch in einem kritischen Zustand.
Großbritannien beschuldigt schon länger Russland, hinter der Attacke zu stehen. „Russland hat eine schamlose und rücksichtslose Attacke gegen Großbritannien verübt“, sagte Premierministerin May in Brüssel. Dies sei „Teil eines Musters russischer Aggression gegen Europa und seine Nachbarn“. Russland streitet jegliche Verantwortung für den Anschlag ab.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warb trotz der Spannungen mit Moskau dafür, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Die Europäische Union müsse sich mit ihren Nachbarn ins Benehmen setzen, ohne eigene Werte aufzugeben oder Prinzipien zu verraten, sagte er. (dpa)