zum Hauptinhalt
Athens Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis will Nachteile für griechische Reeder verhindern.
© Aris Oikonomou/AFP

Streit um Ölembargo: EU ringt um weitere Sanktionen gegen Russland

Die Beratungen in Brüssel über ein EU-Ölembargo gegen Moskau verlaufen zäh. Der Grund: Länder wie Griechenland und Ungarn befürchten wirtschaftliche Nachteile.

Wie kann verhindert werden, dass das geplante EU-Ölembargo gegen Russland unterlaufen wird? Diese Frage stellte sich am Freitag in Brüssel, wo im Kreis der EU-Botschafter die Beratungen über den Lieferstopp weitergingen. Die EU-Staaten müssen sich darauf einstellen, dass russisches Öl, das nicht mehr von der EU abgenommen wird, demnächst in  Indien oder China landet.

[Alle aktuellen Nachrichten zum russischen Angriff auf die Ukraine bekommen Sie mit der Tagesspiegel-App live auf ihr Handy. Hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen.]

Die Diskussionen zwischen den Vertretern der 27 EU-Staaten verlaufen zäher als bei den bisherigen fünf Sanktionspaketen, welche die Gemeinschaft seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine beschlossen hat.

Der Grund: Das geplante Ölembargo trifft erstmals auch die europäischen Volkswirtschaften selbst. Im Fall Griechenlands betrifft das die Reeder, für die der Transport von russischem Öl bislang zum Geschäftsmodell gehört.

Bei den Beratungen der EU-Botschafter zu den Details des Embargos ging es am Freitag unter anderem darum, die geplanten Sanktionen wasserdicht zu machen – und zu verhindern, dass griechische Öltanker den Rohstoff demnächst nach Asien liefern. Die Regierung in Athen argumentierte, dass andere Lieferanten bei der Belieferung Indiens oder Chinas in die Lücke springen würden, falls Schiffe unter EU-Flagge von dem Embargo betroffen würden.

Mehr zum Ukraine-Krieg auf Tagesspiegel Plus:

Nach Angaben von EU-Diplomaten könne Griechenland dennoch nicht damit rechnen, dass die dort ansässigen Reeder vom Ölembargo ausgenommen würden. Eher zeichne sich eine Lösung mit längeren Übergangsfristen ab, der den wirtschaftlichen Belangen der griechischen Regierung Rechnung trage.

Am Mittwoch hatte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen im Europaparlament ihren Vorschlag für das Embargo präsentiert, dem zufolge Rohölimporte aus Russland innerhalb von sechs Monaten auslaufen sollen. Bei raffinierten Erzeugnissen ist eine Frist von acht Monaten vorgesehen.

Orbán vergleicht Sanktionen mit wirtschaftlicher Atombombe

Aber nicht nur Athen droht sich bei den Beratungen über das Embargo querzustellen, sondern auch Budapest. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hatte in einem Interview mit dem staatlichen Rundfunk zwar einerseits gesagt, dass Leyens Vorschläge dem Abwurf einer Atombombe auf die ungarische Wirtschaft gleichkämen. Gleichzeitig zeigte er sich aber auch verhandlungsbereit.

Zuletzt lag am Freitag in Brüssel ein Vorschlag auf dem Verhandlungstisch, dem zufolge Ungarn und die Slowakei noch bis Ende 2024 Öl aus Russland beziehen könnten.

Ungarn erhält den überwiegenden Teil seiner Rohöl-Importe aus Russland über die Pipeline „Druschba“ („Freundschaft“). Ersatzlieferungen über die in Kroatien endende Adria-Pipeline würden eine aufwändige technische Umrüstung der Raffinerien im Lande zur Folge haben. Nach Schätzungen aus dem Budapester MOL-Konzern würden ein Wegfall der russischen Öllieferungen zu einem drei- bis vierjährigen Rohstoffmangel in Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Bulgarien führen.

Zur Startseite