Initiative „Global Gateway“: EU macht Chinas „Neuer Seidenstraße“ Konkurrenz
China baut seinen Einfluss durch die „Neue Seidenstraße“ aus. Die EU setzt ein „Tor zur Welt“ dagegen – mit 300 Milliarden Euro für förderwürdige Projekte.
Die EU möchte den weltweiten Einfluss Chinas eindämmen. Um dem Pekinger Projekt der Neuen Seidenstraße etwas entgegenzusetzen, stellte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch eine milliardenschwere Initiative vor, mit der in den kommenden sechs Jahren Infrastrukturprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern gefördert werden sollen. Die Initiative mit dem Namen „Global Gateway“ (auf Deutsch etwa: „Tor zur Welt“) werde bis 2027 die Summe von 300 Milliarden Euro mobilisieren, kündigte von der Leyen an.
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Als Beispiele für förderwürdige Projekte nannte von der Leyen den Einsatz von grünem Wasserstoff, den Ausbau des Gesundheitswesens, aber auch die Unterstützung des Bildungssystems in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Auch Bahnlinien und Internetverbindungen sind geplant. Die Partnerländer könnten selbst ihre Projekte benennen, sagte die Kommissionspräsidentin. Allerdings müssten die beteiligten Länder der EU-Maxime der Klimafreundlichkeit und einer menschenwürdigen Digitalisierung folgen.
Kritik an der „geopolitischen Kommission“
„Hier handelt die geopolitische Kommission“, erklärte von der Leyen. Mit dem Anspruch, mitsamt ihrer Kommission weltweit als außenpolitischer Akteur wahrgenommen zu werden, hatte sie vor zwei Jahren ihr Spitzenamt in Brüssel angetreten. Kritiker wandten allerdings ein, dass die Deutsche das Versprechen bislang nicht eingelöst habe. Vor allem das als „Systemrivale“ eingestufte China stellt die Gemeinschaft der 27 Staaten vor globale Herausforderungen. Denn mit der Seidenstraßen-Initiative hat Peking inzwischen in über 60 Ländern in Europa, Asien und Afrika Handels- und Infrastrukturprojekte in Angriff genommen.
Als Antwort auf die Neue Seidenstraße haben die sieben führenden westlichen Industriestaaten (G7) auf Initiative von US-Präsident Joe Biden im vergangenen Juni die Initiative „Build Back Better World“ (auf Deutsch: „eine bessere Welt wiederaufbauen“) ins Leben gerufen. Dabei sollen hunderte Milliarden Dollar von den G7-Ländern in einer Kooperation mit der Privatwirtschaft weltweit investiert werden.
Nach einem ähnlichen Modell soll auch die „Global Gateway“-Initiative der EU funktionieren. Die Summe von 300 Milliarden Euro setzt sich aus Mitteln aus dem EU-Haushalt zusammen, die um die Gelder von privaten Investoren ergänzt werden sollen. Mit Hilfe des EU-Fonds für nachhaltige Entwicklung sollen beispielsweise insgesamt bis zu 135 Milliarden Euro mobilisiert werden. Bei der Finanzierung baut die EU-Kommission unter anderem auf private Anleger, die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).
EU will Partnerländer vor Schuldenfalle bewahren
Anders als die chinesische Regierung werde die EU in erster Linie Zuschüsse an die beteiligten Länder vergeben, sagte die für internationale Partnerschaften zuständige EU-Kommissarin Jutta Urpilainen. Von der Leyen betonte, dass die Partnerländer angesichts der EU-Finanzierung nicht befürchten müssten, untragbare Schuldenberge aufzuhäufen. Zudem herrsche bei den EU-Hilfen Transparenz. „Deshalb ist es eine echte Alternative“, sagte sie mit Blick auf die Konkurrenz aus China.
Bei den geplanten Förderprojekten hat die EU nicht zuletzt die unmittelbare Nachbarschaft im Blick. Wie EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi ausführte, seien für die Region des westlichen Balkans bis 2027 fast 30 Milliarden Euro als Zuschüsse und Kredite vorgesehen. Mit dem Geld sollen Straßen- und Bahnverbindungen gebaut werden. Das Ziel bestehe dabei darin, alle Hauptstädte der Region untereinander und mit der EU zu verbinden. Im Rahmen der Östlichen Partnerschaft, der die Ukraine angehört, sei die Verlegung eines Datenkabels unter dem Schwarzen Meer geplant.
CSU-Abgeordneter Ferber: Geld kommt zum Großteil aus bestehenden Programmen
Während der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), die Initiative als einen „Beitrag zum weltweiten Kampf gegen Klimawandel und Armut“ begrüßte, kam vom CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber Kritik. „Ein großer Teil des Geldes kommt aus bestehenden Programmen oder hängt von privaten Mitteln ab“, monierte Ferber. „Ein großer Wurf sieht anders aus. China wird nicht vor Angst erstarren“, so Ferber.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) lobte hingegen die Initiative aus Brüssel. Da chinesische Infrastrukturangebote an andere Länder oft keine Konkurrenz hätten, sei es „höchste Zeit, pragmatische Alternativangebote nach europäischen Standards anzubieten“ erklärte Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung.