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Polens Präsident Duda mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen.
© John Thys/AFP
Update

Rechtsstreit um Umweltvorgaben: EU kürzt Polen erstmals Millionenhilfen

Laut Gutachten ließ Polen die Umweltprüfung für einen Tagebau aus. Die EU verhängte Zwangsgelder – und reagiert nun härter, weil Warschau uneinsichtig ist.

Die EU-Kommission behält im Rechtsstreit mit Polen erstmals EU-Hilfen für das Land in Millionenhöhe ein. Die Brüsseler Behörde reagiert damit auf die Weigerung Polens, einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Folge zu leisten, wie der Sprecher von EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn am Dienstag auf Anfrage mitteilte.

Die Luxemburger Richter hatten Polen im September zur Zahlung eines tägliches Zwangsgelds von einer halben Million Euro verurteilt. In dem Fall geht es um den umstrittenen polnischen Braunkohletagebau Turow.

Das Areal befindet sich im Dreiländereck von Polen, Tschechien und Deutschland. Tschechien hatte vor dem EuGH gegen den Tagebau Turow geklagt, da Polen Umweltauflagen missachtet hatte.

Die Kommission teilte nun mit, sie kürze die EU-Gelder für Polen zunächst um das fällige Zwangsgeld für den ersten Monat nach dem Urteil. Das entspreche umgerechnet gut 15 Millionen Euro. „Die Kommission erfüllt ihre rechtliche Verpflichtung, von dem Gericht verhängte Strafgelder einzutreiben“, betonte Kommissionssprecher Balazs Ujvari. Der Bescheid an Polen wird demnach zehn Tage nach der Mitteilung wirksam.

Polen reagierte unterdessen bereits auf die Nachricht und teilte mit, die Kürzung von EU-Mitteln juristisch anfechten zu wollen. Dafür werde die Regierung in Warschau „alle rechtlichen Mittel“ nutzen, sagte Regierungssprecher Piotr Muller am Dienstag der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Er verwies auf eine kürzlich erzielte Vereinbarung mit Tschechien zur Beilegung des Streits um den Braunkohletagebau Turow.

Umstrittener Tagebau

Bereits im vergangenen Mai hatte der EuGH die sofortige Schließung des Tagebaus Turow angeordnet. Bewohner der Grenzregion klagen über die Belastung durch Staub und Lärm und einen Rückgang des Grundwassers. Die frühere Bundesregierung hatte sich der Klage trotz eigener Umweltbedenken nicht angeschlossen.

Anfang Februar dieses Jahres hatte der zuständige Generalanwalt am EuGH ein Gutachten vorgelegt, wonach Polen gegen EU-Recht verstieß, als es die Genehmigung für den Braunkohletagebau 2020 ohne Umweltprüfung verlängerte. Ein Tagebau könne erhebliche Folgen für die Umwelt haben, argumentierte Generalanwalt Priit Pikamäe.

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Die Richterinnen und Richter am EuGH sind bei ihrer endgültigen Entscheidung nicht an das Gutachten des Generalanwalts gebunden, sie orientieren sich aber oft daran. Der Tagebau im Südwesten Polens versorgt ein Kraftwerk, das rund sieben Prozent des polnischen Strombedarfs deckt.

Umfassender Rechtsstreit

Zwischen der EU und seinem Mitglied Polen schwelt seit langem ein umfassender Streit. Dabei geht es vornehmlich um eine Disziplinarkammer für Richter am obersten Gerichtshof Polens. Die EU-Kommission wirft Polen vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben und damit den Rechtsstaat abzubauen.

Die seit 2015 von der national-konservativen PiS geführte Regierung argumentierte stets, sie wolle die Effizienz des Justizsystems verbessern. Die Disziplinarkammer führte sie als einen wesentlichen Teil einer umstrittenen Justizreform ein. Sie kann jeden Richter und jede Staatsanwältin entlassen, ihre Mitglieder werden von einem vom Parlament gewählten Gremium bestellt.

Die EU-Kommission sieht darin die Unabhängigkeit der Justiz ausgehöhlt und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. Im April 2020 entschied der EuGH, dass Polen die Disziplinarkammer sofort aussetzen müsse, weil diese nicht unabhängig sei. Dem folgte die Regierung nicht vollständig.

Im Juli 2021 stellte die EU-Kommission Polen ein Ultimatum, das EuGH-Urteil umzusetzen, anderenfalls würden Geldstrafen fällig. Da Polen dem nicht nachkam, sondern nationales über EU-Recht erhob und damit einen zentralen Grundsatz der EU infrage stellte, wurde die Strafe fällig.

Der EuGH verhängte deshalb ein tägliches Zwangsgeld von einer Million Euro gegen das EU-Mitglied. Hier ist Polen mit mehr als 100 Millionen Euro im Rückstand. Warschau hatte kürzlich ein Einlenken in diesem Konflikt angedeutet. (AFP, Reuters)

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