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Der Chef der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski.
© Kacper Pempel/REUTERS

Inkasso gegen Polen: Die PiS sollte nicht überrascht tun

Die EU-Kommission treibt Millionen von Warschau ein. Dennoch droht kein „Polexit“. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Es ist eine Premiere für die EU-Kommission. Weil die von der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) geführte Regierung in Polen keine Anstalten macht, von der Brüsseler Behörde geforderte Zwangsgelder zu zahlen, wird der Spieß nun einfach umgedreht: Demnächst drohen dem polnischen Staat entsprechende Mittelkürzungen aus dem EU-Etat.

Während sich die EU-Kommission die fälligen Gelder wie ein Inkassounternehmen beschafft, erreicht der Streit zwischen Brüssel und Warschau eine neue Qualität. Ob dies allerdings mehr der EU-Kommission oder dem PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski nutzt, ist noch offen.

Die PiS kann jedenfalls nicht so tun, als sei sie von den drohenden Mittelkürzungen überrascht worden. Es geht einerseits um den umstrittenen Braunkohle-Tagebau in Turow, der zu einer Klage Tschechiens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) geführt hatte.

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Das Gericht folgte den Umweltbedenken der tschechischen Regierung, anschließend wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500.000 Euro pro Tag gegen Warschau verhängt. Noch höher ist das tägliche Zwangsgeld, das der EuGH festsetzte, weil sich die PiS bis heute weigert, die umstrittene Disziplinarkammer am Obersten Gericht aufzulösen. Es beträgt eine Million Euro.

Strafzahlungen summieren sich auf 134 Millionen

Damit summieren sich die fälligen Strafzahlungen nach gegenwärtigem Stand auf 134,5 Millionen Euro. Bemerkenswert an dem Gerangel zwischen Brüssel und Warschau ist, dass sich die PiS-Regierung schlicht weigert, die Summe zu begleichen.

Damit sieht sich die Kommission erstmals gezwungen, Zwangsgelder mit EU-Fördermitteln zu verrechnen, also Subventionen für Polen zu kürzen.

Gemessen an den Milliarden, die Polen jedes Jahr  insgesamt netto aus dem EU-Haushalt erhält, mögen die fälligen Zwangsgelder für Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki noch als verschmerzbar erscheinen.

Allerdings muss Polen für jeden weiteren Tag, an dem die Regierung im Streit um den Braunkohle-Tagebau und die Disziplinarkammer nicht einlenkt, mit weiteren Millioneneinbußen rechnen. Das dürfte bestehende Zweifel in der Bevölkerung, ob der nationalistische Kurs Morawieckis vernünftig ist, noch verstärken.

Ob der harte Kern der PiS-Unterstützer angesichts der fehlenden Millionen aus Brüssel ins Grübeln kommt, ist indes eine andere Frage. Kaczynski versteht es, einen Teil der Wählerschaft zu mobilisieren, indem er angesichts der berechtigten Forderungen der EU-Kommission von einem Opferstatus seines Landes schwadroniert.

Brüssel strebe nach einer „unterwürfigen und untertänigen“ polnischen Regierung, behauptete Kaczynski im vergangenen Jahr. Vermutlich wird der PiS-Chef  auch weiter derartige Mythen verbreiten – und gleichzeitig einen „Polexit“ angesichts der finanziellen Vorteile der EU vermeiden.

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