Griechenland: EU-Geldgeber weiter unzufrieden mit Athens Reformideen
Aus Griechenland werden Details der Reformvorschläge bekannt – die Europäische Union ist aber noch nicht zufrieden. Um die finanzielle Not seines Landes zu lindern, will der griechische Regierungschef Alexis Tsipras nicht nur in Brüssel, sondern auch in Moskau vorsprechen.
Sie soll den Durchbruch bringen und verursacht doch immer wieder neuen Frust - die „griechische Liste“ mit Reformideen, die Griechenlands Einigung mit den internationalen Geldgebern besiegeln und den Weg für die restlichen 7,2 Milliarden an Notkrediten frei machen soll.
Seit Freitag liegen die Reformvorschläge aus Athen den Institutionen vor. Aber was heißt schon vorliegen, verlautet es aus Brüssel, lediglich auf iPads und Smartphones und dazu in griechischer Sprache hätten die Vertreter der Regierung von Alexis Tsipras ihre Ideen präsentiert. Diese Ideen seien zudem wiederholt vage und unzureichend gewesen. Es seien nicht mehr als „Absichtserklärungen“.
Nun wird um gemeinsame Formulierungen gerungen, um etwas, das als Kompromiss verkündet werden kann. Eine Telefonkonferenz der Euro-Arbeitsgruppe ist für Mittwoch geplant, ein Treffen ihrer Chefs, der Minister der Euro-Gruppe, eventuell für kommenden Mittwoch. Alles abhängig vom weiteren Verlauf der Gespräche.
Tsipras braucht Verhandlungsspielraum
Die griechische Regierung kämpft dabei an zwei Fronten: mit den EU-Partnern in Brüssel, die mehr Zugeständnisse wollen, und zu Hause mit den eigenen Parteifreunden, die ihre Wahlversprechen umgesetzt sehen wollen. Am Sonntagabend hatte sich Tsipras eine Art Freifahrtschein bei seinem Parteikomitee für die weiteren Verhandlungen gesichert und am Montagmittag in seinem Kabinett.
Am Montagabend dann sprach Tsipras in Athen vor dem griechischen Parlament. Er beschwor die Abgeordneten, seine Regierung in den Verhandlungen mit Brüssel zu unterstützen, auch die Opposition solle "ein Teil dieser nationalen Anstrengung" werden. Trotzdem müsse niemand befürchten, dass Griechenland "ohne Bedingungen kapituliere". Es sei ein "gnadenloser Kampf", dem sich die Tsipras-Regierung stelle.
Die Debatte mit den Anführern der griechischen Oppositions- und ehemaligen Regierungsparteien dreht sich momentan vor allem darum, ob die neue Regierung tatsächlich etwas Neues schafft oder einfach dieselben Zugeständnisse der alten Regierung unter einem neuen Label zu verkaufen versucht. Auf die Verhandlungen an sich ging Tsipras allerdings nicht weiter ein.
Diverse Steuern als Geldquelle
Ursprünglich hatten die EU-Geldgeber bis zu 2,5 Prozent verlangt, doch angesichts der griechischen Haushaltslage ist es inzwischen Konsens, dass dies nicht zu schaffen sein wird. Den Überschuss will die griechische Regierung mithilfe von finanziellen Maßnahmen eintreiben, die aus Kreisen des griechischen Finanzministeriums auf insgesamt 3,7 Milliarden beziffert werden. Diese 3,7 Milliarden setzen sich nach Berichten des Ökonomie-Blogs Macropolis und anderen griechischen Medien wie folgt zusammen: Der größte Anteil soll durch die Überprüfung von Auslandsgeldern eingetrieben werden (rund 725 Millionen Euro), die Bekämpfung der Mehrwertsteuerhinterziehung soll rund 350 Millionen bringen und die öffentliche Ausschreibung von TV-Lizenzen ebenfalls 350 Millionen.
Die griechische Regierung will zudem ausstehende Steuer- und Sozialversicherungsrückstände eintreiben, was insgesamt 600 Millionen einbringen soll. Weitere hunderte Millionen sollen durch die Bekämpfung von Benzin- und Tabakschmuggel genauso wie durch eine Überarbeitung der Einkommensteuer und Online-Glücksspiellizenzen in die leeren Staatskassen fließen.
Skepsis in Brüssel
Die Geldgeber halten die meisten dieser Maßnahmen für zu langfristig oder zu unsicher. In Brüssel sieht man nur ungern, dass die Griechen sich allen weiteren Kürzungen – also dem, was die griechische Regierung als „Austeritäts-Maßnahmen“ bezeichnet – verweigern. Dazu gehören auch ein späterer Renteneintritt oder eine allgemeine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Laut den durch Finanzkreise verbreiteten Plänen soll zudem beispielsweise die 13. Rentenzahlung für griechische Rentner unterhalb der Armutsgrenze wieder eingeführt werden – diese war von der Vorgängerregierung gekappt worden.
Es ist demnach nicht davon auszugehen, dass diese von griechischer Seite verbreitete Liste einem mit Brüssel abgestimmten Kompromiss entsprechen wird. Während die Unterhändler in Brüssel tagen, sucht die griechische Regierung zudem das Gespräch mit Russland. Der griechische Energieminister Panagiotas Lafazanis reiste am Montag nach Moskau. Premier Tsipras wird dort am kommenden Mittwoch erwartet – also genau an dem Tag, an dem eventuell die Minister der Euro-Gruppe zu den griechischen Plänen tagen werden.