Nord Stream 2: EU einig über Richtlinie zu Gaspipelines
Die Regierungen in Paris und Berlin haben ihren Streit über Nord Stream 2 beigelegt. Die EU-Staaten schlossen sich dem deutsch-französischen Kompromiss an.
Die EU-Staaten haben sich dem deutsch-französischen Kompromiss zur Gaspipeline Nord Stream 2 angeschlossen. Die Vertreter der Länder hätten sich entsprechend auf eine gemeinsame Position zur Überarbeitung der europäischen Gasrichtlinie geeinigt, twitterte die rumänische EU-Ratspräsidentschaft am Freitag. Es gebe damit ein Mandat für die Verhandlungen mit dem EU-Parlament. Diplomaten zufolge fand dabei ein deutsch-französischer Kompromissvorschlag fast einstimmige Unterstützung.
Zuvor hatten Deutschland und Frankreich ihren Streit um die Gaspipeline Nord Stream 2 beigelegt. Die Regierungen in Berlin und Paris hatten sich auf den Entwurf für die geänderte Gasrichtlinie geeinigt, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Demnach läge die Zuständigkeit für Pipelines mit Drittstaaten wie Russland bei dem EU-Land, wo die Leitung erstmals auf das europäische Netz trifft. Bei Nord Stream 2 ist das Deutschland.
Der Streit zwischen den Regierungen in Berlin und Paris hatte begonnen, nachdem das französische Außenministerium angekündigt hatte, es wolle anders als Deutschland für eine Verschärfung der Regeln für Pipelines aus Drittstaaten stimmen. Dies hätte auch Folgen für Nord Stream 2 haben und das Projekt womöglich unwirtschaftlich machen können.
Deutschland zuständig für Regulierung
Der deutsch-französische Vorschlag präzisiert nun, dass das Land, "wo sich der erste Zusammenschaltungspunkt mit dem Netz der Mitgliedstaaten befindet", für die Verhandlungen mit Drittstaaten zuständig sein soll. Die nationale Regulierungsbehörde dieses Landes würden demnach direkt mit der entsprechenden Stelle im Drittland die Anwendung der Gas-Direktive sicherstellen.
Bisher ist nach dem Änderungsentwurf für die Gas-Richtlinie auf Basis eines Vorschlags der EU-Kommission auch die Beteiligung mehrerer EU-Mitgliedstaaten möglich. Der Kreis der Betroffenen wurde dabei weit gezogen, weil nicht nur die Küstengewässer, sondern die deutlich größere ausschließliche Wirtschaftszone als Kriterium genannt wurde.
Nord Stream 2 soll Ende des Jahres in Betrieb gehen
Die EU-Kommission wollte sich nicht im Detail zu dem deutsch-französischen Vorschlag äußern. Die Behörde habe ihre bisherige Meinung aber nicht geändert, sagte eine Sprecherin. Demnach könnten nach einer möglichen Einigung der Mitgliedstaaten schon kommende Woche die Verhandlungen mit dem europäischen Parlament und der Kommission über die endgültige Richtlinie beginnen.
Die Bundesregierung wollte die Vereinbarung mit Frankreich zunächst nicht bestätigen. Berlin wolle in die laufenden Gespräche nicht hinein kommentieren, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Bundesregierung sei mit Frankreich und allen anderen Mitgliedstaaten im Gespräch.
Nord Stream 2 soll ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren. Deutschland würde dadurch zum Hauptverteiler für russisches Erdgas in Westeuropa, während Polen und die Ukraine als Transitländer für Gaslieferungen geschwächt würden. Mit dem Bau wurde bereits teilweise begonnen.
Zuvor gab es im EU-Rat der Mitgliedstaaten keine Mehrheit, um die Überarbeitung der Gas-Richtlinie voranzutreiben. Mit der Unterstützung von Frankreich und weiteren Staaten konnte Deutschland eine gemeinsame Position der 28 Mitgliedstaaten für eine Verschärfung verhindern.
Frankreich befürchtet offenbar US-Sanktionen
Nach französischen Medienberichten geht der Schwenk Frankreichs bei der Gas-Richtlinie auch auf wirtschaftliche Interessen zurück. Das französische Unternehmen Engie ist an Nord Stream beteiligt. Frankreich will offenbar vermeiden, dass Engie von US-Sanktionen betroffen wird, die Washington im Rahmen des „Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act“ (CAATSA) verhängen könnte.
Das Gesetz wurde 2017 verabschiedet und versetzt Washington in die Lage, finanzielle Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, die in den Bau russischer Export-Pipelines investieren. Im August 2017 hatte US-Präsident Donald Trump das Gesetz unterschrieben, welches neue Sanktionen gegen Iran, Nordkorea und Russland vorsieht. (AFP/ame)