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Der Danziger Bürgermeister Pawel Adamowicz wurde im Januar ermordet.
© DPA/dpaweb

Nach Mord an Danziger Bürgermeister: EU-Ausschuss der Regionen verabschiedet Resolution gegen Hetze

Der ermordete Bürgermeister von Danzig, Pawel Adamowicz, war Mitglied im EU-Ausschuss der Regionen. Dieser fordert ein strikteres Vorgehen gegen Hetze.

Mit einer Gedenkminute hat der Ausschuss der Regionen (AdR) auf seiner Plenarsitzung in der vergangenen Woche des ermordeten Bürgermeisters von Danzig, Pawel Adamowicz, gedacht. Adamowicz war Mitglied im Ausschuss gewesen, das als Vertretungsorgan der Regionen gegenüber den anderen Organen der EU fungiert. Die Ausschussmitglieder verabschiedeten außerdem eine Resolution, um auf die Gefahren von Hetze und Hasskriminalität aufmerksam zu machen.

Adamowicz war im Januar während einer Benefiz-Veranstaltung von einem Mann auf der Bühne mit einem Messer angegriffen worden, er erlag am Folgetag seinen Verletzungen. Der Angreifer, ein Mann mit psychischer Erkrankung, nannte als Grund die frühere Mitgliedschaft des Bürgermeisters in der Partei „Bürgerplattform“. Der Täter hatte wegen mehrerer Banküberfalle Gefängnisstrafen verbüßt, woran er der Partei die Schuld gab.

Die Ermordung Adamowiczs hatte in Polen eine breite Debatte über Hassrede und Medienhetze losgetreten, tausende Menschen demonstrierten in den Straßen. Obwohl der Mord durch eine psychisch kranke Person verübt worden war, wurde der Vorfall von vielen Seiten als politisch motiviert wahrgenommen. Über Adamowicz, der sich unter anderem in der Flüchtlingsfrage klar gegen die Politik der regierenden PiS-Partei gestellt hatte, war in den Medien oft negativ berichtet worden. Gleichzeitig war Adamowicz kein Einzelfall. Die politische Debattenkultur in Polen gilt unter der PiS-Regierung als aggressiv, Hassreden gegen Politiker sind keine Seltenheit.

Mit seiner Resolution wolle der Ausschuss der Regionen ein „eindeutiges Signal an die anderen EU-Organe senden“, sagte AdR-Präsident Karl-Heinz Lambertz. In dem Dokument betont der Ausschuss seine Besorgnis über die „Zunahme von Hetze und Hasskriminalität sowie über die Verrohung des öffentlichen Diskurses, die Gewalt, Extremismus, Propaganda und Intoleranz“. Die Bürgermeister und Regionalvertreter fordern in der Resolution die Mitgliedsstaaten auf, mehr in die Medienbildung ihrer Bürger zu investieren, das Bewusstsein für die Gefahren von Hassrede zu schärfen und ein Alarmsystem einzurichten, mit dem Risiken von extremistisch motivierter Gewalt gemeldet werden können.

Vermehrt Attacken auf Politiker aller Lager

In der EU kam es in den letzten Jahren vermehrt zu Angriffen auf Politiker aller Lager. Zuletzt löste die Attacke auf den Bremer AfD-Landesvorsitzenden Frank Magnitz in Deutschland eine heftige Debatte über Extremismus und die Verrohung des politischen Diskurses aus. Soziale Medien, heißt es immer wieder, spielten dabei eine besondere Rolle, da sie wie Echokammern funktionieren und manche Menschen sich dadurch leicht radikalisieren könnten.

Die Sorge um den sich verschärfenden politischen Ton in Europa hat auch die Brüsseler Behörden erfasst, die versucht sind, gegen Hassrede und Hetze vorzugehen. 2016 unterschrieben führende Internetplattformen wie Facebook, Microsoft, Twitter und YouTube einen EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung illegaler Hassrede und verpflichteten sich, Nachrichten zu bewerten und extremistische Inhalte zu entfernen.

Positive Bilanz von Justizkommissarin Jourová

Bei der Auswertung dieser Maßnahme kam Justizkommissarin Vera Jourová in der vergangenen Woche zu einer positiven Bilanz: 89 Prozent der gemeldeten Inhalte würden innerhalb von 24 Stunden überprüft und 72 Prozent davon gelöscht, verkündete sie. In Deutschland, wo im Oktober 2017 das sogenannte „Netzwerkdurchsetzungsgesetz” gegen Hassrede im Internet in Kraft trat, zieht man dagegen ein weniger erfolgreiches Fazit. Das Gesetz gilt als ineffektiv, die gemeldete Hassrede werde kaum entfernt, kritisieren viele.

Zweifel an wirkungsvoller Kontrolle der sozialen Medien

Experten bezweifeln, dass sich der harsche politische Diskurs durch die Kontrolle der sozialen Medien wirkungsvoll entschärfen lässt. Dr. Hans Vorländer, Direktor des Zentrums für Verfassungs- und Demokratieforschung, spricht von einer „Erregungsspirale“, die sich auf Internetplattformen verselbstständigt und nur wenig an gegenteiligen Fakten stört. So hätte sich am Eskalationsniveau nach dem Attentat auf Magnitz wohl nichts geändert, hätte sich herausgestellt, dass die Tat nicht politisch motiviert war, erklärt er in einem Interview.

In Brüssel setzt man dennoch auf eine stärkere Kontrolle und Rechenschaftspflicht der sozialen Medien, damit es gar nicht erst zu politischen Taten kommt. Die Resolution der Regionalvertreter dürfte dabei nicht viel mehr als eine symbolische Wirkung entfalten.

Erschienen bei EurActiv.

Der Tagesspiegel und das europapolitische Onlinemagazin EurActiv kooperieren miteinander.

Florence Schulz

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