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Donald Trump am Sonntag bei der Jahrestagung der "Conservative Political Action Conference" in Orlando, Florida
© Octavio Jones, Reuters

Gespaltene Republikanische Partei: Etwas Besseres als Trump kann Biden nicht passieren

Donald Trump wird bei der Jahrestagung der US-Konservativen umjubelt. Joe Biden lächelt dazu. Denn Trumps Dominanz spielt ihm in die Hände. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Da ist das Wort „Pudel“. Diesen an sich wertneutralen Beinamen bekam vor knapp zwei Jahrzehnten der britische Premier Tony Blair wegen seiner Vasallentreue zum amerikanischen Präsidenten George W. Bush. Blair ging mit Bush durch dick und dünn, durch Afghanistan- und Irakkrieg. Seitdem ist "Pudel" in der Politsprache ein Synonym für bedingungslose Hingabe.

Auch Donald Trump, um im Bild zu bleiben, hält sich Pudel. Einer davon ist Richard Grenell, ehemals US-Botschafter in Berlin, jetzt auf der Suche nach einem neuen Job. Bei der Jahreskonferenz der „Conservative Political Action Conference“ (CPAC) in Orlando, Florida, gab er am Samstag einen Hinweis darauf, welches Amt für ihn in Frage käme – Gouverneur von Kalifornien.

Am amtierenden Gouverneur, Gavin Newsom, ließ Grenell kein gutes Haar. Kalifornien sei einst Reagan-Land gewesen, sagte er, ein „leuchtendes Beispiel für Innovation und den Erfolg der Mittelschicht". Heute stehe es für Waldbrände, Energieausfall und Schulschließungen. Dann schloss er mit einem Satz, der seine eigenen Ambitionen untermauerte. Falls man die Verantwortlichen nicht entlassen könne, sagte Grenell, gäbe es immer eine andere Option: „Man kann selbst gegen sie antreten.“

Trumps erste lange Rede seit dem Machtwechsel

Das stimmt. Allerdings ist Kalifornien ein zutiefst blauer, demokratischer Staat. Bei der letzten Präsidentschaftswahl lag Joe Biden hier 29 Prozentpunkte vor Trump. Doch die Fähigkeit zum einfachen politischen Kalkül und zum Ausrechnen realistischer Machtoptionen scheint nicht nur Grenell, sondern vielen Republikanern abhandengekommen zu sein. Auch das belegte die enthusiastische Verzückung von Trumps Anhängern bei der CPAC-Jahreskonferenz. Am Sonntag hielt er dort seine erste lange Rede seit dem Machtwechsel in Washington D.C.

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Dabei dürfte es manch einem Konservativen dämmern: Etwas Besseres als Trump kann Biden nicht passieren. Immer tiefer treibt der Ex die Spaltaxt in seine Partei, zieht über alle her, die seiner „Bewegung“ nicht kritiklos folgen wollen. Er schürt Angst bei jenen, die daran erinnern, dass vor vier Jahren alle drei Machtzentren – Weißes Haus, Repräsentantenhaus, Senat – in den Händen der Republikaner waren. Und nun in der Hand der Demokraten sind.

Trump hat die Wahl verloren und bedient sich der latenten Aggressivität eines Teils seiner Anhängerschaft, damit seine Partei die Gründe dafür nicht thematisiert. Er hält sich die „Grand Old Party“ in Schockstarre, stempelt Abweichler zu Verrätern. Doch schon eine vereinigte Republikanische Partei war nicht in der Lage, ihre Macht zu behaupten, Biden bekam sieben Millionen Stimmen mehr als Trump. Wie soll die Wiedereroberung der Macht einer gespaltenen Republikanischen Partei gelingen?

Tritt er 2024 erneut an? Das lässt er offen

Das ist die zentrale Frage, auf die kein amerikanischer Konservativer eine Antwort hat. Der Anteil der alten, weißen Männer ist rückläufig, mit Trump führen sie eine Art letztes Gefecht. Die wachsende Vielfalt begünstigt die Demokraten. Ja, der Ex bildet ein starkes Machtzentrum innerhalb der Republikaner. Gegen ihn geht nichts. Tritt er 2024 erneut an? Das lässt er offen.

Damit allerdings nimmt Trump allen anderen Aspiranten die Perspektive. Deren Fäuste ballen sich vor Wut in den Taschen, während sie nach Außen dem Demagogen zujubeln. Ehrgeizige Senatoren wie Tom Cotton (Arkansas), Marco Rubio (Florida), Tim Scott (South Carolina) und Josh Hawley (Missouri) oder Floridas Gouverneur Ron DeSantis sind gewissermaßen Pudel auf Zeit. Sie liegen auf der Lauer der Gelegenheit, warten auf den Moment, in dem sie der Übervater von der Leine lässt. Sie wollen, ohne anti-Trump sein zu müssen, möglichst schnell post-Trump werden.

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Diverse Umfragen wurden in den vergangenen Tagen zitiert, die belegen, wie stark Trumps Einfluss innerhalb der Republikanischen Partei ist. Laut einer Erhebung von „USA Today“ und der Suffolk University würden ihm Dreiviertel seiner Wähler erneut ihre Stimme geben. Laut „Politico“ und Morning Consult befürworten 59 Prozent der Republikaner eine führende Rolle Trumps innerhalb ihrer Partei.

Die Corona-Impfkampagne macht große Fortschritte

Doch solche Umfragen lassen sich auch anders lesen. Es sind zwar nur 29 Prozent der Republikaner, die eine erneute Kandidatur Trumps ablehnen. Und es war nur eine Handvoll Republikaner, die im Kongress das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn unterstützten. Aber diese Anti-Trump-Minderheit wird so schnell nicht verschwinden oder sich reumütig in Pudel verwandeln. Ein die Partei dominierender Trump schwächt die Partei wegen seiner Dominanz.

Und Biden? Der macht stoisch weiter, reagiert allenfalls en passant auf das Getöse Trumps. Die Corona-Impfkampagne macht große Fortschritte, mehr als vier Fünftel der Amerikaner unterstützen das 1,9 Billionen Dollar schwere Hilfs- und Investitionsprogramm. Trump tobt - und Biden regiert, als hätte er sich den Rat von Karl Valentin zu Herzen genommen: „Einfach gar nicht ignorieren.“

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