Europäischer Rettungsschirm: ESM-Chef Klaus Regling warnt vor Staatspleite in Griechenland
Angesichts der Finanzkrise in Griechenland warnt der Chef des Europäischen Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, vor einerStaatspleite. Athens Finanzminister Yanis Varoufakis fordert, auf harte Sparmaßnahmen zu verzichten. Nur so könnten Reformen umgesetzt werden.
Der deutsche Chef des Europäischen Rettungsschirms ESM, Klaus Regling, sieht eine unmittelbare Gefahr für eine Staatspleite Griechenlands. "Die Zeit wird knapp", sagte Regling der "Bild"-Zeitung. "Deshalb arbeiten wir Tag und Nacht an einer Einigung." Ohne Einigung mit seinen Geldgebern bekomme Griechenland kein neues Geld geliehen. Dann drohe eine Staatspleite. "Das birgt große Risiken", warnte Regling.
Nur mit Reformen könne die Wirtschaft gesunden
Auch eine Rate an den Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht zu zahlen, wäre gefährlich, sagte Regling. "Das hätte Auswirkungen auf andere Gläubiger wie uns", sagte der ESM-Chef. Der Rettungsschirm vergebe allerdings nur Kredite, wenn Reformen umgesetzt werden. "Das gilt auch jetzt, nur so kann die griechische Wirtschaft gesunden", sagte Regling.
Er betonte, dass der Rettungsschirm durchaus in der Lage sei, Griechenland weitere Milliarden-Hilfen auzuzahlen, wenn sich Athen mit den Gläubigern auf eine verbindliche Reformliste einige: "Bei einer Einigung und Zustimmung aller Euro-Staaten könnte Griechenland von uns relativ schnell die letzte Kreditrate von 1,8 Milliarden Euro und weitere 1,8 Milliarden Euro an Zentralbankgewinnen bekommen." Eine ähnliche Summe stehe beim IWF bereit. Insgesamt gehe es um 7,2 Milliarden Euro. "Um diese Gelder zu bekommen, muss Griechenland weitere Reformen umsetzen", verlangte Regling. Grundsätzlich stünden genug Mittel zur Verfügung, um die Märkte auch in Zukunft zu beruhigen, sagte Regling.
Drittes Hilfspaket wird nicht ausgeschlossen
Ein drittes Hilfspaket für die Regierung von Premier Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis schloss der ESM-Chef nicht aus. Zunächst müsse aber das laufende Rettungsprogramm erfolgreich abgeschlossen werden. Erst dann könne beurteilt werden, ob weitere Hilfen notwendig sind. "Der ESM hat ausreichende Finanzierungsmöglichkeiten für alle Eventualitäten", hob Regling hervor. Dies sei "wichtig zur Beruhigung der Märkte".
Auch Deutschland wolle, dass Griechenland dabei bleibe
Einem Ausstieg des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus den Rettungsbemühungen steht Regling dem Bericht zufolge kritisch gegenüber: "Der IWF hat Jahrzehnte an wertvoller Erfahrung im Sanieren von Krisenstaaten in aller Welt durch Notdarlehen und Reformen." Deutschland und andere Euro-Staaten wollten deshalb, "dass der IWF in Griechenland auf jeden Fall dabei bleibt".
Finanzminister Yanis Varoufakis fordert Vericht auf Sparmaßnahmen
Finanzminister Varoufakis vertritt die Ansicht, Griechenland könne die geplanten Reformen nur bei einem Verzicht auf harte Sparmaßnahmen durchziehen. "Worüber reden wird? Über eine unabhängige Steuerbehörde, einen dauerhaften Primärüberschuss, ein sinnvollen und ambitioniertes Privatisierungsprogramm, eine echte Reform des Rentensystems, eine Liberalisierung der Märkte für Waren und Dienstleistungen", schrieb Varoufakis in einem am Dienstag veröffentlichten Gastbeitrag für die italienische Tageszeitung "Il Sole 24 Ore".
Diese Ziele könnten nicht erreicht werden, wenn die von den internationalen Geldgebern geforderten "unerträglich hohen" Ziele für einen Primärüberschuss - der Staatshaushalt ohne Zinskosten - bestehen blieben. "Unsere Regierung kann und wird nicht ein Heilverfahren über fünf Jahre akzeptieren, das sich als schlimmer als die Krankheit erwiesen hat." Griechenland ist auf Hilfen angewiesen, da es nach wie vor weitgehend vom Finanzmarkt abgeschnitten ist. Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds (IWF) verlangen im Gegenzug für frisches Geld Reformen.
AFP