Frankreichs Präsidenten: Es lebe der König
Frankreich hat François Hollande zum siebten Präsidenten der Fünften Republik gewählt. Wie viel Macht hat der französische Präsident?
Manche nennen ihn Alleinherrscher, andere gar König: Frankreich hat am Sonntag einen Präsidenten gewählt. Kein demokratisch gewähltes Staatsoberhaupt auf der Welt hat per Amt so viel Macht wie er. Charles de Gaulle gab der Fünften Republik, deren erster Präsident er 1959 wurde, eine Verfassung, die keineswegs ein reines Erbe der Revolution ist. In ihr steckt viel Monarchie – und die zeigt sich vor allem in der Macht des Präsidenten. Er steht gleichsam über dem Gesetz, ist juristisch immun und dem Parlament kaum Rechenschaft schuldig. Der Präsident kann den Premierminister auswechseln, wie es ihm passt, die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen. Eine Länderkammer wie den Bundesrat gibt es im zentralistischen Frankreich ohnehin nicht.
Die Macht des Präsidenten gipfelt in der Tatsache, dass er oberster Befehlshaber der Armee ist. Er bestimmt die Außenpolitik, er kann Truppen ins Ausland schicken, ohne sein Parlament zu fragen – und er allein hat die Befehlsgewalt über die französischen Atombomben.
Er residiert in einem königlichen Palast, sein Budget ist ein Staatsgeheimnis und wird weder vom Rechnungshof noch vom Parlament kontrolliert. Ein Anruf – und verdiente Journalisten, selbst Chefredakteure, verlieren ihren Job.
Mit dieser großen Macht sind die sechs bisherigen Präsidenten unterschiedlich umgegangen. General Charles de Gaulle, der Kriegsheld, der von Großbritannien aus die Résistance organisierte, trat 1969 zurück, als er ein Referendum verlor – weil er glaubte, die Unterstützung des Volkes verloren zu haben. Seine konservativen Werte prägen bis heute die französische Politik. Sein langjähriger Premierminister Georges Pompidou folgte de Gaulle im Amt und blieb dessen Linie treu. Auch Pompidou vollendete seine Amtszeit nicht: Er starb 1974 an einer Blutkrankheit. Sein Nachfolger Valéry Giscard d’Estaing, ein überzeugter Befürworter des europäischen
Aufbauprozesses, bildete mit dem Deutschen Helmut Schmidt (SPD) ein berühmtes Gespann. Sieben Jahre später schaffte es der bislang einzige Sozialist ins oberste Amt Frankreichs: Im dritten Anlauf wurde François Mitterrand Präsident und als Erster in eine zweite Amtszeit gewählt. Doch auch er machte nach seiner Wahl bald keine linke Politik mehr. Nach 14 Jahren löste der Neo-Gaullist Jacques Chirac ihn ab. Auch weil der Rechtsextreme Jean-Marie Le Pen überraschend die Stichwahl erreichte, wurde Chirac 2002 mit großer Mehrheit in eine zweite, nun auf fünf Jahre verkürzte Amtszeit gewählt. 2007 machte er den Weg für seinen früheren Innenminister Nicolas Sarkozy frei. Sarkozy irritierte die Franzosen durch die Zurschaustellung seines Privatlebens – und allzu große Liebe zu Deutschland. Auch das ist ein Grund, weshalb der unbeliebteste Präsident der Fünften Republik am Sonntag abgewählt wurde. Francois Hollande, der neue Mann im Elysée ist nach Mitterrand der zweite Sozialist, der Präsident wurde. (mit AFP)