Deutsche Autoindustrie 2020: Es ist vorbei, BMW, Daimler und VW!
Der Verbrennungsmotor ist bald passé. Die neuen EU-Abgasnormen machen deutschen Herstellern zu schaffen. Denn sie sind schlecht vorbereitet. Ein Kommentar.
Das Jahr 2019 wird als das Jahr in Erinnerung bleiben, in dem die Automobilindustrie dem Untergang geweiht wurde. Der Verbrennungsmotor, ihr technischer und ökonomischer Antrieb seit 100 Jahren, dreht die letzten Runden. Autobauer, die ihn erfunden haben, glauben selbst nicht mehr daran, dass er noch einmal 100 Jahre schafft. Auf der Straße singen sie längst von einer anderen, sauberen Zukunft: Es ist vorbei, BMW, Daimler, VW! Schön war die Zeit.
Dass jetzt andere kommen, ist unübersehbar, man muss sich nur umschauen: Tesla baut in Brandenburg eine gigantische Elektroautofabrik. In Thüringen produzieren die Chinesen Batteriezellen. Überhaupt die Chinesen. Bei Daimler sammeln sie Aktienpakete ein, weil sie den Premiumhersteller steuern wollen. Das macht Sinn, verkaufen die Deutschen doch in China die meisten Autos.
Bei zu viel Verbrauch drohen Strafen
Rasend neu ist das alles nicht. Doch am Vorabend der 20er Jahre wird ein Untergangsszenario daraus. Denn ab 2020 gelten in der EU Abgasnormen, vor denen die deutschen Autobauer schon vor zehn Jahren gewarnt haben, die sprengten die Grenzen der Physik. Verhindern konnten sie sie nicht, kommende Woche tritt die EU-Verordnung in Kraft. Das bedeutet: Neufahrzeuge dürfen im Schnitt nur noch vier Liter Benzin oder dreieinhalb Liter Diesel verbrauchen. Andernfalls fallen für jedes in der EU verkaufte Auto hohe Strafen an. Bis 2030 wird die Regulierung von Jahr zu Jahr noch strenger. Übrigens auch in China.
Das Tempolimit wird automatisch kommen
Motoren, die fossile Rohstoffe verbrennen, werden die Grenzwerte nicht mehr schaffen. Aber zum Beispiel Elektroautos. Das elektrische Zeitalter muss also jetzt beginnen – nicht als Ankündigung, sondern auf der Straße. Das Ende des herkömmlichen Verbrennungsmotors ist eine Notwendigkeit, keine Option. Das gilt im Übrigen auch für das Tempolimit. Es würde sich quasi von selbst erledigen, weil Batterien bei hoher Geschwindigkeit an Reichweite verlieren.
[Zum Thema Verkehrspolitik: Streit ums Tempolimit – Rasen hat mit Freiheit nichts zu tun!]
Die Unternehmen sind mehr schlecht als recht vorbereitet. Wenn sie bald die Werbung für E-Autos hochfahren, wenn von den Vorzügen lautloser Elektromotoren die Rede ist, dann sollte sich niemand täuschen lassen. Nicht Pioniergeist und Umweltliebe machen die Hersteller erfinderisch, sondern die Not, oder: die Politik.
Herbert Diess ist ein Kunststück gelungen
Kluge Manager haben verstanden, dass sie sich ihrer unternehmerischen Handlungsfreiheit berauben, wenn sie nicht umsteuern. VW-Chef Herbert Diess zum Beispiel ist ein Kunststück gelungen: Trotz einer Diesel-Anklage gegen ihn und Verkaufsrekorden für SUVs ist der Chef des größten Autokonzerns auch in Debatten mit Fridays for Future oder als Prediger der Elektromobilität glaubwürdig.
Andere wie BMW-Chef Oliver Zipse klingen hingegen wie von vorgestern, wenn sie sich wieder als klassische Autobauer definieren. Auch wenn Daimler-Chef Ola Källenius „Technologieoffenheit“ sagt, wird man den Verdacht nicht los, dass er Unentschlossenheit meint.
Allein moralische Appelle reichen nicht aus
Bezahlbare Angebote machen, den Worten Taten folgen lassen und diskursfähig bleiben – darum geht es für die Autobranche im kommenden Jahr. Aber auch die Klimaaktivisten müssen im Diskurs mit den Ingenieuren lernen. Denn ökonomische Zwänge und technische Fragen werden 2020 in den Vordergrund rücken. Allein mit moralischen Appellen aus dem Empörungszyklus der Klimadebatte wird man den Konzernen dann keine Beine mehr machen.