Nach AKP-Wahlsieg in der Türkei: Erdogans Partei will nun Präsidialsystem durchsetzen
Präsident Recep Tayyip Erdogan könnte mehr Macht bekommen: Ministerpräsident Ahmet Davutoglu forderte nach dem Wahlsieg der AKP eine Verfassungsänderung.
Die konservativ-islamische AKP will den Schub des überraschend deutlichen Wahlsiegs in der Türkei nutzen, um die Macht von Präsident Recep Tayyip Erdogan auszubauen. In seiner Siegesrede vom Balkon des Parteigebäudes in Ankara forderte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu am Sonntagabend erneut eine Verfassungsreform. Deren Ziel ist bekanntlich ein Präsidialsystem, das Erdogan mehr Rechte verschaffen würde.
"Ich rufe alle Parteien, die in das Parlament einziehen, auf, sich auf eine neue zivile nationale Verfassung zu verständigen", sagte Davutoglu vor Tausenden Anhängern. Der Regierungschef versprach, die Rechte aller Bürger und die Meinungs- und Glaubensfreiheit zu schützen. "Die Feinde der neuen Türkei haben einmal mehr verloren", sagte er. "Die Wahl vom 1. November war das Referendum für die neue Türkei. Ihr habt gezeigt dass die alte Türkei tief begraben ist und nie wieder zurückkehren wird."
Nach dem Stimmenverlust der AKP bei der Wahl im Juni war die Reform zunächst in den Hintergrund getreten. Am Sonntag hatte Erdogans Partei jedoch die absolute Mehrheit zurückerobert. Für die angestrebte Verfassungsänderung ist sie allerdings auf die anderen Parteien angewiesen, weil es dazu einer Zweidrittel-Mehrheit bedarf - oder wenigstens einer 60-Prozent-Mehrheit, um eine Volksabstimmung in die Wege zu leiten. Erdogan strebt eine politische Aufwertung des Präsidentenamtes hin zu einer Präsidialherrschaft an.
Das offizielle Endergebnis soll erst in elf oder zwölf Tagen veröffentlicht werden, wie der Leiter der Wahlkommission, Sadi Güven, am Sonntagabend erklärte. Nach Auszählung fast aller Stimmen hat die AK-Partei fast 50 Prozent der Stimmen gewonnen und kann damit allein regieren, zumal sie voraussichtlich sogar über 316 der 550 Sitze im Parlament verfügen wird. (Tsp, rtr, dpa)