Streit zwischen Türkei und Deutschland: Erdogan wirft inhaftiertem Journalisten Yücel Spionage vor
Der türkische Präsident hat den "Welt"-Korrespondenten als deutschen Agenten und kurdischen Aktivisten bezeichnet. Zuvor hatte es nach zwei geplatzten türkischen Wahlkampfterminen in Deutschland gegenseitig scharfe Kritik zwischen Ankara und Berlin gegeben.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat dem inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel "Spionage" vorgeworfen. „Als ein Vertreter der PKK, als ein deutscher Agent hat sich diese Person einen Monat lang im deutschen Konsulat versteckt“, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in Istanbul. "Einen Monat lang haben wir gesagt, übergebt ihn uns, er soll vor Gericht gestellt werden.“ Zu Bundeskanzlerin Angela Merkel habe er vor Yücels Festnahme gesagt: „Wenn wir die Terroristen von Euch wollen, was sagt Ihr uns da? Ihr sagt: 'Die Justiz ist unabhängig und unparteiisch.' Im Moment vertrauen wir unserer unabhängigen und unparteiischen Justiz. Gebt ihn uns und er soll vor Gericht.“ Die Bundesregierung wies die Spionagevorwürfe des türkischen Präsidenten zurück. "Das ist abwegig", hieß es dazu am Freitagabend aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.
Streit um Absage der Ministerauftritte
Erdogan kritisierte außerdem die Absage der Auftritte türkischer Minister in Deutschland, die dort für das ihm angestrebte Präsidialsystem werben wollten. „Sie lassen unseren Justizminister nicht zu Wort kommen. Sie lassen unseren Wirtschaftsminister nicht zu Wort kommen.“ Die Verantwortlichen müssten wegen „Beihilfe zum Terror vor Gericht kommen. Das liegt so offen auf der Hand.“
Der Streit um geplatzte Wahlkampftermine türkischer Minister in Deutschland war am Freitag zwischen Deutschland und der Türkei in ungewohnter Schärfe ausgetragen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Kritik der türkischen Regierung an dem abgesagten Auftritt von Justizminister Bekir Bozdag in Gaggenau zurückgewiesen. Die Entscheidung über solche Versammlungen liege in Deutschland auf der kommunalen Ebene und nicht bei der Bundesregierung, sagte Merkel bei einem Besuch in Tunis. Merkel kritisierte zudem erneut die Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei im Zusammenhang mit der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Gerade deshalb sei die Betonung wichtig, dass in Deutschland diese Rechte uneingeschränkt gelten würden.
Die türkische Regierung hatte der Bundesregierung zuvor vorgeworfen, das von Staatschef Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem in der Türkei verhindern zu wollen. Berlin wolle keine Wahlkampfveranstaltungen zu der Verfassungsreform in Deutschland und keine "starke Türkei", sagte der türkische Außenminister Cavusoglu am Freitag. "Sie wollen nicht, dass die Türkei da Wahlkampf macht, sie arbeiten für ein 'Nein'", sagte Cavusoglu mit Blick auf das Referendum. "Sie wollen sich einer starken Türkei in den Weg stellen."
Cavusoglu drohte Deutschland gar mit Konsequenzen. „Wenn Sie mit uns arbeiten wollen, müssen Sie lernen, wie Sie sich uns gegenüber zu verhalten haben“, sagte er nach Angaben der türkischen Nachrichenagentur Anadolu. Die Türkei werde die Behandlung ansonsten „ohne Zögern mit allen Mitteln“ erwidern. „Dann müssen Sie an die Folgen denken.“
Treffen der Außenminister geplant
Ein erstes Zeichen der Entspannung schien die Meldung, dass Außenminister Cavusoglu nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu nächste Woche mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel zusammen kommt. Das Treffen sei in Deutschland für Mittwoch, den 8. März, geplant, meldete Anadolu nach einem Telefonat der Minister unter Berufung auf diplomatische Kreise.
Die Absage der geplanten Wahlkampfauftritten türkischer Minister in Deutschland hatte die diplomatischen Spannungen zwischen Ankara und Berlin schon am Donnerstag eskalieren lassen. In Ankara wurde am Abend der deutsche Botschafter einbestellt. Ihm sei das "Unbehagen" der Türkei über die jüngsten Entwicklungen vermittelt worden, sagte ein ranghoher türkischer Beamter. Die Veranstaltungen sollten in Gaggenau und in Köln stattfinden.
Die Stadt Gaggenau in Baden-Württemberg hatte eine für Donnerstagabend geplante Veranstaltung mit dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag abgesagt. Dieser sagte daraufhin seine gesamte Deutschlandreise ab, bei der auch ein Gespräch mit Justizminister Heiko Maas (SPD) geplant war. Im Rathaus von Gaggenau ging nach der Absage der Veranstaltung am Freitagmorgen eine Bombendrohung ein.
Bundesregierung verteidigt Entscheidung der Kommune
Die Bundesregierung verteidigte das Verbot in Gaggenau. Die Entscheidung der Kommune sei "ganz sicher im Einklang mit Recht und Gesetz ergangen", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Freitag in Berlin. Sie könne von deutschen Gerichten überprüft werden: "Das ist Ausdruck von rechtsstaatlichem Verhalten." Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte, die Bundesregierung werde die Entscheidung der Kommune nicht kommentieren, respektiere diese aber.
"Wir leben hier, was wir von anderen fordern", sagte Demmer: "Die Bundesregierung beklagt aus Überzeugung, dass Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei derzeit eingeschränkt werden." In Deutschland sollte darauf geachtet werden, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit hochgehalten werden. Schäfer warnte vor einer Eskalation des Streits. "Niemand kann ein Interesse daran haben und darf ein Interesse daran haben, dass wir mit der Türkei in Sprachlosigkeit, in einen Dialog nur noch über Medien und in offene Konfrontation verfallen." Trotz Meinungsverschiedenheiten dürfe kein Öl ins Feuer gegossen werden.
Zugleich kritisierte Schäfer den Umgang der türkischen Justiz mit dem verhafteten "Welt"-Journalisten Denniz Yücel scharf. "Das, was da passiert, ist unangemessen, ist unverhältnismäßig, ist enttäuschend und ist kein Ausdruck von rechtsstaatlichem Handeln der türkischen Justiz." Der Streit über die Wahlkampfauftritte dürfe nicht mit dem Fall Yücel verknüpft werden.
Heiko Maas mahnt bei türkischem Amtskollegen europäische Werte an
Das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland war bereits durch die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Denis Yücel stark belastet worden. Bundesjustizminister Heiko Maas sieht durch die Festnahme des Journalisten einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union infrage gestellt. "Die Festnahme kritischer Journalisten ist mit unserem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit nicht vereinbar", schrieb der Minister in einem Brief an seinen türkischen Kollegen Bekir Bozdag. "Wenn sich die Türkei nicht an die europäischen Grundwerte hält, wird eine Annäherung an die Europäische Union immer schwieriger bis unmöglich."
In seinem Brief äußert Maas "große Sorge" um die deutsch-türkische Freundschaft und bedauert, dass es nicht zu dem Gespräch mit dem türkischen Amtskollegen gekommen sei.
Die Untersuchungshaft für Yücel habe ihn erschüttert und seine Sorgen um Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit verstärkt, schrieb Maas. Er verwies auf die Verhaftung zahlloser Journalisten, Richter und Rechtsanwälte seit dem gescheiterten Militärputsch vom vergangenen Juli und erklärte: "Zu Verurteilungen nach einem fairen Verfahren wegen konkreter Straftaten ist es bislang kaum gekommen." Für jeden Rechtsstaat seien aber freie Presse, unabhängige Richter und freie Anwälte unverzichtbar.
Gauck zweifelt am Anspruch der Türkei, ein Rechtsstaat zu sein
Bundespräsident Joachim Gauck äußerte deutliche Kritik an der politischen Entwicklung in der Türkei. Nach der Inhaftierung Yücels stelle sich die Frage, „ob die Türkei überhaupt noch den Anspruch hat, eine Demokratie und ein Rechtsstaat zu sein“, sagte Gauck dem „Spiegel“. Bei Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in Deutschland sieht Gauck ein Dilemma. Sie seien ein „sehr komplizierter Abwägungsprozess“, der mal in die eine, mal in die andere Richtung gehen könne, sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen in Berlin.
Bozdag nennt Entscheidung einen "Skandal"
Der türkische Justizminister Bekir Bozdag kritisierte seinerseits Deutschland erneut scharf. Er stellte am Freitag in Ankara auch klar, dass er nicht glaubt, dass die Gemeinde Gaggenau die Entscheidung zur Absage seines Auftritts selbstständig getroffen hat. „Es ist klar ersichtlich, dass das eine Entscheidung ist, die die Zuständigkeit von Gemeinden übertrifft“, sagte der Minister nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. „Es ist eine Skandal-Entscheidung und eine Entscheidung, die gegen die diplomatische Höflichkeit verstößt.“
Bozdag warnte ominös vor einer Wiederholung der deutschen Geschichte, womit er sich womöglich auf den Nationalsozialismus bezog, ohne ihn aber zu benennen. „Sie sollen auf ihre eigene Geschichte zurückblicken. Wir sehen, dass alte Krankheiten herumgeistern. Sollen sie sich mit der Behandlung dieser Krankheiten beschäftigen. Wenn sie diese Krankheiten nicht behandeln, dann befürchte ich, dass jene, die heute den Justizminister der Türkei nicht sprechen lassen, selber in ihrem eigenen Land nicht mehr sprechen werden können.“ Die türkische Regierung beklagt seit langem wachsenden Rassismus in Europa.
Bei einer Veranstaltung am Freitag im ostanatolischen Malatya äußerte sich Bozdag dann noch drastischer. Er brandmarkte den Stopp seines Auftritts in Deutschland als „faschistisches Vorgehen“. „Dieses Skandal-Vorgehen in Deutschland ist im wahrsten Sinne des Wortes ein faschistisches Vorgehen“, sagte er. "Wir dachten, die Berliner Mauer sei schon lange gefallen. Aber wir sehen, dass es in manchen Köpfen in Deutschland immer noch ideologische Berliner Mauern gibt, und es werden neue gebaut.“
Erdogan schweigt, sein Sprecher übt Kritik
Staatschef Erdogan selbst ging bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Auftrittsverbot für Justizminister Bozdag in Deutschland nicht auf den Streit ein. Erdogan sprach am Freitag bei einer Kulturveranstaltung in Istanbul über die „nationale Kultur“ seines Landes.
Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin hatte die Absage des Auftritts des Justizministers in Deutschland als „Skandal-Entscheidung“ kritisiert. Das Auftrittsverbot in Gaggenau sei aus „fadenscheinigen Gründen“ erfolgt, teilte Kalin auf Twitter mit. „Mit solchen Entscheidungen kommt das wahre Gesicht derjenigen offen zum Vorschein, die bei jeder Gelegenheit versuchen, der Türkei Lektionen in Demokratie und Meinungsfreiheit zu erteilen.“
Auch ein für Sonntag in Köln geplanter Auftritt des türkischen Wirtschaftsministers Nihat Zeybekci war von den dortigen Behörden gestoppt worden. Der Saal, in dem Zeybekci für das geplante Präsidialsystem in der Türkei werben wollte, stehe nicht zur Verfügung, erklärte die Stadt Köln.
Betreiber in Frechen sagt Veranstaltung mit Wirtschaftsminister ab
Daraufhin war geplant, Wirtschaftsminister Zeybekci am Sonntag in Frechen bei Köln vor Anhängern der Regierungspartei AKP sprechen zu lassen, wie aus dem Kalender des Koordinationszentrums für die Auslandswähler der AKP hervorging. Der Auftritt Zeybekcis in Frechen sollte in einem auf türkische Hochzeiten spezialisierten Lokal stattfinden, das nach Angaben der Betreiber Platz für 800 Gäste bietet. „Wir haben aus Gaggenau gelernt“, sagte der Generalsekretär der mitorganisierenden Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), Bülent Bilgi. Bei der Veranstaltung seien auch Wahlberechtigte willkommen, die den Reformplänen kritisch gegenüberstünden.
Doch am Freitagnachmittag sagte der Betreiber der Halle die Veranstaltung ab. Er habe mitgeteilt, dass diese dem Veranstalter für Sonntagabend nicht zur Verfügung stehe, teilte die zuständige Polizei in Bergheim am Freitag mit. Der Vertrag zwischen dem Eigentümer der Halle und deren Betreiber schließe "ohnehin politische Veranstaltungen" aus. Der erneut verwehrte Auftritt geht jedoch offenbar auf ein Einschreiten des zuständigen Landrats zurück. In enger Abstimmung mit der Polizei habe Landrat Michael Kreuzberg klären lassen, welche Möglichkeiten es gebe, um den Auftritt des türkischen Politikers zu verhindern. So sei man auf den Vertrag und die Situation mit Eigentümer und Pächter gestoßen, sagte Simon Schall, der Sprecher des Rhein-Erft-Kreises, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Zeybekci hatte zuvor nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu gesagt: „Ich werde am Sonntag wieder nach Deutschland reisen. Ich werde die mir befohlene Reise antreten, und wir sagen, der Sieg ist Allahs. Wenn wir sehen, dass sie uns wieder keine Erlaubnis geben, gehe ich von Kaffeehaus zu Kaffeehaus, von Haus zu Haus und treffe unsere Bürger trotzdem.“
Ebenfalls am Sonntag ist in Leverkusen ein Grußwort Zeybekcis bei einem Konzert vorgesehen. Dabei handele es aber um „keine politisch gesinnte Veranstaltung“, teilte der veranstaltende Kulturverein mit. Geplant sei „ein musikalisches Gedenkkonzert“ für den renommierten türkischen Volksmusiker Özay Gönlüm. Der Termin stehe seit Monaten fest.
Auch türkische Oppositionspartei CHP kritisiert Deutschland
Das Auftrittsverbot der türkischen Minister in Deutschland ist auch bei der größten türkischen Oppositionspartei CHP auf Kritik gestoßen. „Das ist ganz und gar nicht in Ordnung“, sagte CHP-Chef und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA am Freitag in Istanbul. An die Adresse Deutschlands fügte er hinzu: „Einerseits belehrt Ihr die Welt über Demokratie, andererseits wollen zwei Minister einer Partei sprechen, aber aus diesem oder jenem Grund verbietet Ihr diese Rede. Das finden wir keineswegs richtig.“
Kilicdaroglu ist strikt gegen das Präsidialsystem, für das die Minister in Deutschland werben wollten und über dessen Einführung in der Türkei am 16. April in einem Referendum abgestimmt wird. In Deutschland sind rund 1,4 Millionen Türken stimmberechtigt.
Nach der Inhaftierung des deutsch-türkischen "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel war parteiübergreifend scharfe Kritik an Ankara laut geworden, bis hin zu Forderungen nach einem Einreiseverbot für Staatschef Recep Tayyip Erdogan und seine Regierung.
Ministerpräsident Kretschmann: Bundesregierung muss aktiv werden
Im Streit um die Wahlkampfauftritte wünscht sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ein Eingreifen der Bundesregierung. „Ich denke, dass die Bundesregierung aktiv werden muss und mit den entsprechenden Stellen in der Türkei darüber reden muss“, sagte er am Donnerstagabend im SWR. Im ZDF äußerte er zudem Kritik an Wahlkampfauftritten türkischer Minister in Deutschland. Auf die Idee müsse man erst einmal kommen, als Minister eines Landes, in dem die Pressefreiheit eingeschränkt werde und willkürliche Inhaftierungen stattfänden, Wahlkampf in Deutschland für eine umstrittene Verfassungsänderung zu machen.
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte im ZDF: "Ich finde, innertürkische Probleme müssen in der Türkei bleiben und dürfen nicht dauerhaft auf deutschen Boden ausgetragen werden." Es gehe nicht, "dass die Türkei zum einen in Deutschland Wirtschaftshilfe jetzt aktuell beantragt, nach wie vor in die Europäische Union will, aber all die Regeln, die für uns verbindlich sind, nicht einhält."
Türkische Gemeinde warnt vor Zunahme der Spannungen
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, warnte vor einer weiteren Zunahme der Spannungen zwischen Berlin und Ankara. Die türkische Regierung nutze das Auftrittsverbot gegen Justizminister Bekir Bozdag in Gaggenau natürlich aus, um "ihren Stimmenanteil in Deutschland zu erhöhen, indem sie Deutschland als neues und altes Feindbild zeigt", sagte Sofuoglu dem Sender RBB am Freitag.
Er habe aber Verständnis für die Absage, betonte Sofuoglu zugleich. Er verstehe die vom Bürgermeister der baden-württembergischen vorgebrachten Sicherheitsbedenken. Er hätte sich jedoch gewünscht, dass mit dem Veranstalter eventuell noch einmal alternative Möglichkeiten ausgelotet worden wären - etwa eine Veranstaltung in kleinerem Rahmen.
Dagegen kritisierte der Vizepräsident der Türkischen Gemeinde, Atila Karabörklü, die Absage als "nicht richtig". Auch wenn die türkische Regierung eine "Repressionspolitik" betreibe, müssten die demokratischen Spielregeln in Deutschland weiter gelten, sagte er am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin" mit Blick etwa auf die Meinungsfreiheit. Das eigene demokratische "Niveau" sollte nicht abgesenkt werden.
Karabörklü bekräftigte zugleich erneut, dass die Türkische Gemeinde in Deutschland das von Staatschef Recep Tayyip Erdogan geplante Referendum über die umstrittene Verfassungsänderung strikt ablehnt. Es schaffe die "demokatische Grundlagen" in der Türkei ab, sagte er.
Türkische Medien: "Eine große Frechheit"
In den türkischen Medien ist die Absage der Wahlkampfauftritte auf ein verheerendes Echo gestoßen. „Deutschland ist verrückt geworden“, diagnostizierte die Zeitung „Yeni Safak“ am Freitag. Das Blatt sprach von einer „Schande“. Die Zeitung „Star“ verknüpft die Absage mit der Inhaftierung des „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel in der Türkei. „Nachdem der „Welt“-Reporter wegen Terrorpropaganda verhaftet wurde, hat Berlin eine unvergleichliche Frechheit begangen. Es hat zweien unserer Minister keine Versammlungserlaubnis erteilt.“ „Star“ lässt außerdem den Außenpolitik-Experten und früheren türkischen Generalkonsul in Nürnberg, Vahit Özdemir, zu Wort kommen, der Yücel Kontakt zum Bundesnachrichtendienst (BND) unterstellt.
„Aksam“ nennt die Absagen der Auftritte eine „große Frechheit“. Die Zeitung „Posta“ spricht von einem „Skandal“ und bemängelt, die Auftritte seien mit „aberwitzigen Begründungen verhindert“ worden. Auch die „Hürriyet“, die nicht immer auf Regierungslinie liegt und auch kritische Stimmen zu Wort kommen lässt, schrieb von einem „diplomatischen Skandal“ und einem „Sprechverbot“. (dpa, AFP, Reuters)
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