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Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hält am 23.01.2014 in Köln während eines Soldatengottesdienstes im Dom einen Weihrauchkessel.
© dpa

Zum Tod von Kardinal Joachim Meisner: Er scheute keinen Konflikt

Er verteidigte den Zölibat und kämpfte gegen die Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Kardinal Meisner war maßgeblich daran beteiligt, dass Ratzinger Papst werden konnte. Ein Nachruf.

Er pflegte das klare und das kritische Wort. Wenn der frühere Kölner Erzbischof Joachim Meisner Glaubenslehre oder gesellschaftliche Moral bedroht sah, dann ging er als Verteidiger in die Offensive. Seinen Unmut zu spüren bekam selbst Papst Franziskus, für dessen Ehe-Lehre er wenig übrig hatte. Dagegen sah er dessen Vorgänger, Johannes Paul II. und Benedikt XVI., ganz an seiner Seite. Am frühen Mittwochmorgen ist der kämpferische Kardinal im Alter von 83 Jahren in seinem Urlaub in Bad Füssing gestorben.

Zweifel am Zölibat oder Forderungen nach dem Frauenpriestertum etwa forderten den Widerspruch Meisners heraus. Und eben auch das Schreiben „Amoris laetitia“ von Franziskus. Gemeinsam mit drei anderen Kardinälen forderte er im November 2016 den Papst in einem öffentlich gewordenen Brief zur Klärung mehrerer „Zweifel“ („Dubia“) auf. Dass wiederverheiratete Geschiedene in Einzelfällen zur Kommunion zugelassen werden, ließ dem Ruheständler keine Ruhe.

Meisner, der nach 25 Jahren an der Spitze des mitglieder- und finanzstarken Erzbistums Köln im Februar 2014 altersbedingt aus dem Amt schied, scheute keine Konflikte. So missfiel ihm, dass die Bescheinigung über eine Schwangerenberatung Frauen einen straffreien Abbruch ermöglichte. Auf seine Initiative hin verfügte Papst Johannes Paul II. 1999 den Ausstieg der katholischen Kirche in Deutschland aus dem staatlichen System der Schwangerenberatung - ein Schritt, den eine beträchtliche Anzahl von Bischöfen nur ungern vollzog.

Gegenwind aushalten - diese Haltung hat der 1933 im schlesischen Breslau geborene Geistliche besonders in der DDR entwickelt. Mit der Familie flüchtete er 1945 nach Thüringen, wo er nach einer Banklehre Priester und dann Weihbischof in Erfurt wurde. 1980 kam er als Bischof in die geteilte Stadt Berlin und legte sich mit Honecker und Genossen an. Angesichts der Sowjetsterne auf vielen öffentlichen Gebäuden der DDR rief er beim Dresdner Katholikentag 1987 in die Menge, dass die Katholiken „keinem anderen Stern folgen als dem von Bethlehem“.

Enges persönliches Verhältnis

Johannes Paul II., zu dem Meisner ein enges persönliches Verhältnis pflegte, wollte ihn nach dem Tod von Kardinal Joseph Höffner gegen den Willen des Domkapitels an der Spitze des Erzbistums Köln haben. Meisner wechselte am 12. Februar 1989 von der Spree an den Rhein - neun Monate vor dem Fall der Mauer. In Köln, seiner vierten „Heimat“, kämpfte er seitdem nicht mehr gegen staatlich verordneten Atheismus, sondern gegen die Gottvergessenheit in einer konsumorientierten Welt.

Die besondere Aufmerksamkeit Meisners galt dem Lebensschutz. Scharf wandte er sich gegen Versuche, aktive Sterbehilfe zu erlauben: „Der Mensch soll an der Hand des Menschen sterben, nicht aber durch seine Hand.“ Nicht minder energisch prangerte er Abtreibungen und Forschungen an Embryonen an, um „alt und krank gewordenes Leben sanieren zu können“.

Meisner wollte den Glauben an den Mann oder die Frau bringen, ohne diesen „zu verbilligen“. Glaubensfeste wie der Kölner Weltjugendtag 2005 oder der Eucharistische Kongress 2013 in der Stadt mit Elementen wie Anbetungen und Beichten lagen ihm mehr als Katholikentage, wo „zu viel diskutiert und zu wenig gebetet“ werde. Ihm gefiel auch nicht das abstrakte Dom-Fenster des Künstlers Gerhard Richter, weil es „eher in eine Moschee oder ein anderes Gebetshaus“ als in die gotische Kathedrale passe.

Erschüttert reagierte der Kardinal 2013 auf den Rücktritt von Papst Benedikt XVI., mit dem er ebenfalls freundschaftlich verbunden war.

Meisner ist auch maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass der von ihm hochgeschätzte Joseph Ratzinger, gestrenger Präfekt der Glaubenskongregation, im Konklave zum Papst gewählt wurde. Über Wochen hatte der Kölner Kardinal unter den Kollegen geworben; und die Erzdiözese Köln verfügt über sehr viel Einfluss. Sie wird das "Rom des Nordens" genannt, ist sehr reich und finanziert beispielsweise die Ausbildung von Priestern in anderen Teilen der Welt.

Meisner galt in der deutschen Bischofskonferenz als Antipode zum Mainzer Kardinal Karl Lehmann. Außerdem bildete Meisner mit seinen Kollegen Walter Mixa, Gerhard Müller und Reinhard Marx - "die vier M" - eine bedeutsame konservative Gruppe.  

„Bis zum Tod - das habe ich nicht nur in Bezug auf Ehen so gesehen, sondern auch auf das Papstamt“, beschrieb er seine erste Reaktion. Später seien seine Vorbehalte aber „weggeschmolzen“, bekundete der Kardinal Verständnis für die körperliche Schwäche Benedikts.

Zwischen Franziskus und Meisner bestand ein eher distanziertes Verhältnis, wenngleich der Kardinal keinen Zweifel daran ließ, dass der Lateinamerikaner legitimer „Nachfolger Petri“ ist. Meisners kompromisslose Haltung hat ihm das Etikett „konservativ“ eingebracht. Er sah das positiv. Denn konservativ meine doch nur, „den Glauben zu bewahren“. (KNA)

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