Flüchtlinge im Mittelmeer: Entwicklungsminister Müller: Kein Militäreinsatz gegen Schleuser
Die EU-Außenbeauftragte Mogherini hat ein Konzept für einen Militäreinsatz gegen Schleuserbanden im Mittelmeer vorgelegt. Nun wird in Brüssel verhandelt. Doch die Pläne stoßen auf Skepsis. Auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller spricht sich dagegen aus.
Kurz vor einem EU-Ministertreffen zum militärischen Vorgehen gegen Schleuserbanden hat sich Bundesentwicklungsminister Gerd Müller strikt gegen einen solchen Einsatz vor der libyschen Küste ausgesprochen. „Schleuserboote aus dem Verkehr ziehen ja, das aber ohne militärische Operationen. Dies birgt zu viele Risiken und löst die eigentlichen Probleme nicht“, sagte der CSU-Politiker der „Passauer Neuen Presse“ (Montag). Stattdessen müssten vor allem die Ursachen der Flucht über das Mittelmeer in den Herkunftsländern der Menschen bekämpft werden. Auch für Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Rettung schiffbrüchiger Migranten Vorrang im Umgang mit der Flüchtlingskrise. „Die oberste Priorität muss die Seenotrettung von Flüchtlingen haben“, sagte von der Leyen am Montag in Brüssel.
Die Außen- und Verteidigungsminister der EU wollen am Montag in Brüssel Pläne für Militäreinsätze gegen Schleuserbanden vorantreiben. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat vorgeschlagen, Schiffe, die zum Menschenschmuggel genutzt werden, gezielt zu zerstören. Als Voraussetzung dafür gelten eine Resolution des UN-Sicherheitsrates oder eine Verständigung mit Libyen. Viele Fragen sind aber noch offen. So werden mögliche negative Auswirkungen auf die UN-Friedensbemühungen in Libyen befürchtet. Auch die international anerkannte libysche Regierung in Tobruk sieht die Pläne äußerst skeptisch. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte sich am Wochenende ebenfalls zurückhaltend zu einem solchen EU-Militäreinsatz geäußert.
Seenotrettung statt Militäreinsatz gegen Schleuser
Müller plädierte stattdessen für eine weitere Ausweitung der Seenotrettung. „Das Mittelmeer darf nicht zu einem Meer des Todes werden“, sagte der Minister der „PNP“. Die Bundeswehr beteiligt sich im Mittelmeer mit zwei Schiffen an der Seenotrettung. Die Soldaten haben nach Bergungsaktionen bereits mehrere Schleuserboote versenkt.
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, und der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, mahnten, die Krisen in den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge seien nicht mit Zäunen an den EU-Außengrenzen oder Patrouillenbooten im Mittelmeer zu lösen. „Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge“, schrieben sie in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montag). Die Aufnahme von Flüchtlingen in der EU solle nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Mitgliedsländer erfolgen.
Derweil bestätigte die deutsche Marine, dass Schlepperschiffe nach der Rettung von Flüchtlingen bereits jetzt versenkt werden. „Wenn wir auf Schifffahrtshindernisse treffen, dann haben wir diese zu beseitigen“, sagte der Kommandeur des deutschen Verbandes des Seenotrettungseinsatzes im Mittelmeer, Kapitän Andreas Martin Seidl, am Montag im Bayerischen Rundfunk. Dies gelte auf allen Weltmeeren und werde von anderen Marineeinheiten genauso gehandhabt.
Tausende Migranten machen sich bei gutem Wetter und ruhiger See vor allem von Libyen aus auf den Weg über das Mittelmeer. Die meisten kommen in Italien an, das den Ansturm kaum noch bewältigen kann. In den ersten vier Monaten dieses Jahres kamen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge 1780 Flüchtlinge ums Leben. Mitte April etwa war ein Schiff mit etwa 800 Menschen an Bord vor der libyschen Küste gekentert. Nur rund 24 Leichen wurden geborgen, 28 Menschen überlebten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Italien sollen die Leichen der restlichen Flüchtlinge nicht geborgen werden. „Die Bergung ist für die Ermittlungen nicht notwendig“, zitierte die Zeitung „La Repubblica“ am Sonntag den Staatsanwalt von Catania, Giovanni Salvi. Eine solche Aktion sei zu teuer und zu langwierig. „Wenn es die Regierung oder andere aus humanitären Gründen machen wollen, ist das gut.“ (dpa)