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Lukrative Geschäfte. Ein Küstenschutzboot für Saudi-Arabien wird im Hafen von Mukran bei Sassnitz in Mecklenburg-Vorpommern auf ein Transportschiff verladen (2017).
© Stefan Sauer / dpa

Rüstungsexportbericht: Entrüstung und Aufrüstung

Waffenexporte sind seit jeher ein deutsches Streitthema. Der neue Rüstungsexportbericht belegt, dass sie weiter gestiegen sind. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Rüstungsgüter – schon das Wort weckt Assoziationen, bei manchen auch Aggressionen. Noch jede Bundesregierung hat das erleben müssen, und viele Politiker dazu, wenn sie sich auf dieses verminte Feld begaben. So wie jüngst Grünen-Chef Robert Habeck, als er meinte, man werde der Ukraine im Konflikt mit Russland die Lieferung von „Defensivwaffen“ nicht versagen können. Das rief Widerspruch von allen Seiten hervor. Die Bundesregierung lehnte den Vorstoß unter Hinweis auf strikte Rüstungsexportrichtlinien ab, die die Ausfuhr in Kriegs- und Krisenregionen in aller Regel nicht erlaubt. Außerdem wird bei der Rüstungskontrolle nicht zwischen Offensiv- und Defensivwaffen unterschieden.

Vor diesem Hintergrund verdient der jährliche Rüstungsexportbericht, der gerade das Bundeskabinett passierte, natürlich besonderes Augenmerk. Das klingt wie eine gute Nachricht: Im vergangenen Jahr hat die Regierung weniger Exporte genehmigt als im Vorjahr, das für die Industrie noch ein Rekordjahr war. 2019 wurde der Export von Waffen, darunter U-Boote und Panzer, im Wert von 8,02 Milliarden Euro genehmigt worden, 2020 deutlich weniger, 5,82 Milliarden. Und viele Waffen, knapp 50 Prozent (2019: 55,9 Prozent) gehen in EU-/Nato- und Nato-gleichgestellte Länder, die eine besonders enge sicherheitspolitische Partnerschaft mit Deutschland verbindet, wie Japan, die Schweiz oder Australien.

Ägypten sticht heraus

Doch: Mehr als die Hälfte der Genehmigungen entfiel auf sogenannte Drittländer, in die nur im Ausnahmefall Rüstungsgüter aus Deutschland gehen sollen. Da sticht Ägypten heraus, das U- Boote und Patrouillenschiffe im Wert von rund 764 Millionen Euro bestellt hat. Ausfuhren dorthin werden wegen des Vorwurfs schwerer Menschenrechtsverletzungen stark kritisiert, von den Kirchen, manchen Oppositionspolitikern. In diesem Fall aber argumentiert die Bundesregierung, dass maritime Waffen nicht zur Unterdrückung der Bevölkerung eingesetzt werden könnten. Als seien es defensive Waffen …

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Hinzu kommt, dass Deutschland nach Angaben des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri immer noch zu den fünf größten Waffenexporteuren weltweit gehört, außerdem vergangenes Jahr stark investiert hat, etwa 44 Milliarden Euro, das ist Platz sieben hinter Saudi-Arabien. Das Thema Rüstungsgüter wird dementsprechend auch für die neue Bundesregierung wieder konfliktträchtig sein. Besonders dann, wenn ihr die Grünen angehören sollten, die immer noch als stärker pazifistisch gelten. Die weltweiten Rüstungsausgaben haben derweil einen neuen Höchststand erreicht: insgesamt 1644 Milliarden Euro, ein erneuter Anstieg, das sechste Jahr in Folge.

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