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FDP-Chef Christian Lindner und Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
© dpa

EU-Szenarien für nächste Bundesregierung: Eiserne Kanzlerin mit liberalem Beifahrer

Falls die FDP in Berlin zum Koalitionspartner werden sollte, könnte das auch Auswirkungen für Merkels und Schäubles Pläne zur Weiterentwicklung des Euro-Rettungsschirms ESM haben.

Vier Tage nach der Bundestagswahl will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am 28. September in Berlin eine Rede zur Zukunft der EU halten. Es wäre keine Überraschung, wenn er dabei auch auf die Europa-Pläne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron eingehen würde, die kommende Woche vorgestellt werden sollen. Keine Frage: Das schwierige Verhältnis zwischen Nord- und Südländern in der Euro-Zone, an dem sich Schäuble und Macron gleichermaßen abarbeiten, wird Europas Finanzminister auch in der kommenden Legislaturperiode beschäftigen.

Ob Schäuble nach der Bundestagswahl überhaupt Finanzminister bleibt, ist aber offen. Denn FDP-Chef Christian Lindner beansprucht das Finanzministerium für seine Partei – vorausgesetzt, die Liberalen werden zum Regierungspartner.

In Brüssel haben die Liberalen keinen guten Eindruck hinterlassen, als sie das letzte Mal zwischen 2009 und 2013 den Koalitionspartner von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellten. Als im Bundestag die Rettungsschirme für Griechenland zur Abstimmung anstanden, votierten mehrere Abgeordnete der FDP mit Nein. Mit der Zeit gingen die FDP-Leute auf einen immer härteren Griechenland-Kurs, und im Mai 2012 brachte der damalige Fraktionschef Rainer Brüderle einen Euro-Austritt Athens ins Spiel.

Nimmt man Lindners Wahlkampf-Äußerungen aus dem Jahr 2017 zum Maßstab, so hat sich an der harten Haltung der Liberalen gegenüber Griechenland nichts geändert. Nach der Auffassung des FDP-Chefs soll Hellas aus dem Euro austreten, ohne dass das Land dabei seine EU-Mitgliedschaft verliert. Auch den Plänen aus Paris, ein milliardenschweres Budget für die Euro-Zone zu schaffen, steht Lindner skeptisch gegenüber.

EU-Experte Daniel Gros: Merkel könnte als harte Verhandlerin auftreten

Daniel Gros, der Chef des Brüsseler Zentrums für europäische Politik-Studien (CEPS), glaubt allerdings nicht, dass sich die dramatische Situation während der Griechenland-Rettung in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts mit der gegenwärtigen Lage vergleichen lässt. „Damals waren die Rettungsschirme alternativlos“, sagt er. „Jetzt ist ein eigenes Budget für die Euro-Zone nicht alternativlos.“ Da Merkel also mehr Handlungsoptionen habe als während der heißen Phase der Griechenland-Rettung, könnte die Kanzlerin als harte Verhandlerin auftreten und ihre Haltung gegenüber den europäischen Partnern durch die Zwänge des Regierungsbündnisses mit den Liberalen begründen, glaubt Gros.

Vom Ausgang der Bundestagswahlen wird nicht zuletzt die Zukunft des Euro-Rettungsschirms ESM abhängen. Merkel und Schäuble können sich vorstellen, den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds weiterzuentwickeln, der in Zukunft europäischen Krisenländern unter Reformauflagen Kredite gewähren soll. Käme es zu einem Regierungsbündnis zwischen Union und FDP, dürfte in diesem Punkt Streit programmiert sein. Im Wahlprogramm der Liberalen heißt es: „Eine widerrechtliche Nutzung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sowie eine dauerhafte Transferunion zu Lasten der europäischen Steuerzahler lehnen wir ab.“

SPD-Europaabgeordneter Bullmann: FDP zeigt Unkenntnis statt Sachverstand

Der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann ist der Auffassung, dass die Liberalen mit Lindner in der Eurozonen-Politik da weitermachten, wo sie 2013 bei ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag aufgehört hätten: „mit Unkenntnis statt Sachverstand“. Bullmanns Begründung: „Während halb Europa zur Vermeidung von zukünftigen Schieflagen über die Einführung eines Eurozonen-Haushalts und den Ausbau des ESM zu einem Währungsfonds diskutiert, will die FDP ihn abschaffen.“

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