Konfliktforscher Zick über "Charlie Hebdo" und „Pegida“: „Einzeltäter könnten sich radikalisieren“
Die Anschläge von Paris könnten zur Radikalisierung der "Pegida"-Bewegung führen, sagt Konfliktforscher Andreas Zick. Ein Gespräch über Einzeltäter, Abschottung, Rache und Nachahmer.
Herr Zick, welche Auswirkungen wird der Anschlag in Paris auf Deutschland und die „Pegida“-Bewegung haben?
Gruppen radikalisieren sich nach unseren Erkenntnissen immer schneller. Da in Paris momentan alles nach einem Anschlag mit islamistischem Hintergrund aussieht, werden sich „Pegida“-Anhänger in ihren antiislamischen Ansichten und Forderungen bestärkt fühlen. Durch die digitale Vernetzung kommt uns dieser Anschlag auch sehr nahe, die Betroffenheit ist groß, auch das Gefühl eines Angriffs. Die Attacke wird den Prozess der Abschottung und Radikalisierung von Anti-Islam-Bewegungen wie „Pegida“ daher nochmals anheizen.
Haben radikale Dschihadisten und „Pegida“-Anhänger nicht am Ende dasselbe Feindbild: die Presse?
Ich würde nicht so weit gehen. Der Dschihadismus ist schon radikal, er sucht die Tat. Die „Pegida“-Protestmärsche halten bisher Distanz zu Gewalt. Aber auch sie radikalisieren sich, was man an der immer stärkeren Abschottung gegenüber Medien und dem Rest der Öffentlichkeit erkennen kann.
Ist mit Racheakten zu rechnen?
Noch ist beim Großteil der „Pegida“-Demonstranten die Distanz zu Gewalt da. Es wird auch nicht die Mehrheit sein, die glaubt, „ein Zeichen setzen“ zu müssen. Aber eventuell islamfeindliche, extremistische Einzeltäter. Die Gesellschaft muss daher jetzt auf jeden Fall die Sensoren wieder verstärken. Es kann auch bei jungen radikalisierten Muslime Nachahmungstäter geben.
Wird die „Pegida“-Bewegung durch das Attentat stärkeren Zulauf bekommen?
Davon muss ausgegangen werden. Etwa ein Drittel der Deutschen hat laut Studien das Vorurteil, dass Muslime anfälliger für Gewalt seien als andere Religionsgruppen. Und dass viele Muslime insgeheim Terrorakte befürworteten. Dabei zeigen unsere Untersuchungen das Gegenteil. Muslime fühlen sich von solchen Attentaten nicht weniger bedroht als andere Volksgruppen.