Verfassungsrichter Andrzej Rzeplinski: Eine Schlüsselfigur im polnischen Machtkampf
Im Zentrum des polnischen Machtkampfs steht das dortige Verfassungsgericht - an dessen Chef Andrzej Rzeplinski hängt deshalb jetzt viel.
Am Dienstag wollte Polens Verfassungsgericht über eine zentrale Frage im Machtkampf beraten: Sind fünf neue Verfassungsrichter rechtskräftig im Amt? Die regierende nationalkonservative PiS-Partei hatte sie auf fragwürdige Weise gewählt, und Präsident Andrzej Duda, der ebenfalls der PiS angehört, hat sie trotz des Einspruchs des obersten Gerichts vereidigt. Doch nun hat dessen Vorsitzender Andrzej Rzeplinski die Sitzung ohne Angabe von Gründen vertagt. Polen rätselt, was das zu bedeuten hat. Rzeplinski wird zur Schlüsselfigur.
Auch das neue Mediengesetz, mit dem sich die Regierung die öffentlich-rechtlichen Medien unterstellt und gegen das am Wochenende Zehntausende demonstrierten, wird wohl bald beim obersten Gericht landen. In Rechtsstaaten haben die Verfassungsrichter das letzte Wort über die Rechtmäßigkeit des Regierungshandelns. Die PiS bestreitet das. Mehr Gewicht habe „der Volkswillen“; für den ständen Regierung und Präsident.
Rzeplinski hatte am Donnerstag Abend mit Präsident Duda gesprochen, als der einen Empfang für neue Staatsdiener gab, darunter die fünf fragwürdigen Richter. Die PiS verbucht die Vertagung als Erfolg. Offenbar wolle Rzeplinski die Konfrontation nicht auf die Spitze treiben und beuge sich der PiS- Sicht, dass die fünf neuen Richter seit der Vereidigung im Amt seien. Rzeplinskis Anhänger bezweifeln freilich, dass der 66-jährige Jurist in zentralen Fragen des Verfassungsrechts nachgibt. Am 28. Dezember, als Duda das umstrittene neue Gesetz über das Verfassungsgericht unterzeichnete, trat Rzeplinski im populären Interviewformat von Monika Olejnik im privaten Sender TVN 24 selbstbewusst auf: Die Richter müssten die neuen Vorgaben prüfen – und zwar nur die zehn der 15 Verfassungsrichter, die zweifelsfrei im Amt seien.
Rzeplinskis Biographie steht für Polens jüngere Geschichte. Er wurde 1949 in Zentralpolen geboren, studierte Jura in Warschau, als die Hauptstadt nach der Zerstörung durch die SS noch nicht wieder voll aufgebaut war, und trat der Vereinigten Arbeiterpartei bei. Die warf ihn 1981 hinaus, als er sich der Solidarnosc anschloss. Er arbeitete für die Bürgerrechtsbewegung und beriet nach der Wende die Uno, den Europarat, die OSZE und die Helsinki-Menschenrechtsbewegung. Zum Verfassungsrichter wählte ihn 2007 die liberale Bürgerplattform. Die PiS hatte ihn kurz zuvor noch abgelehnt. 2010 wurde er Vorsitzender des Gerichts.