Martenstein über nachwachsende SPD-Vorsitzende: Eine Regierungspartei wie eine Hydra
Historisch oder absurd? In Deutschland wird es für kurze Zeit fünf SPD-Vorsitzende gleichzeitig geben. Das wird lustig. Eine Glosse.
Um auf die SPD zurückzukommen – ich glaube, man sollte sich einmal im Detail klarmachen, wie die Auswahl des neuen Führungsduos vonstattengeht. Es funktioniert ein bisschen wie eine Castingshow. Deutschland sucht die Supersozis.
Am 1. September endet die Bewerbungsfrist für die neuen Vorsitzenden. Dies ist rein zufällig der Tag, an dem Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen stattfinden. Wenn die voraussichtlich suboptimalen SPD-Ergebnisse gemeldet werden, kann die Partei also fast zeitgleich die Namen ihrer potenziellen Retter melden, etwas Positives. Und die Kandidaten werden nichts mit dem Wahlergebnis zu tun haben. Dafür ist nämlich niemand zuständig außer den armen Teufeln, die im Osten Spitzenkandidat sind.
Dann beginnt für die Bewerber die Ochsentour durch die Bezirksverbände. Ab dem 14. Oktober stimmt die Basis ab. Am 26. Oktober steht das Ergebnis fest, einen Tag vor der Wahl in Thüringen. Wieder können fast zeitgleich mit einer absehbar unerfreulichen Wahl Hoffnungsträger präsentiert werden, die mit nichts etwas zu tun haben. Voraussichtlich wird eine Stichwahl erforderlich, in Castingshows heißt das „Mottoshow“. Das Ergebnis ist aber nicht bindend, laut Satzung darf nur ein Parteitag entscheiden, vermutlich gegen Ende November.
Eine Regierungspartei wie eine Hydra
In dieser Zeit wird es parallel fünf SPD-Vorsitzende geben, drei kommissarische plus zwei designierte, das wird lustig. Es wird erstmals eine Regierungspartei geben, die so fast viele Köpfe besitzt wie die berühmte Hydra im Mythos der alten Griechen, also im Grunde keinen. Bei der Hydra war es so, dass zwei Köpfe nachwuchsen, wenn man einen abschlug. Genau dies geschieht nun auch nach der Köpfung von Andrea Nahles.
Bisher war die Partei für die Vielzahl ihrer ehemaligen Vorsitzenden berühmt, nun bricht sie auch bei den gleichzeitigen alle Rekorde.
Die Länge des Verfahrens ist nicht unbedingt gut für das Land, in dem die SPD Verantwortung trägt. Was passiert eigentlich, wenn es plötzlich eine große Krise gibt? Muss der Krisenstab wegen der vielen SPD-Vorsitzenden in der Bar jeder Vernunft tagen?
Aber für die SPD bringt das Verfahren noch einige Vorteile mehr als nur die Abfederung der Wahlergebnisse in Ostdeutschland. Zum Beispiel dürfte die Prüfung der Doktorarbeit von Franziska Giffey bis dahin abgeschlossen sein. Außerdem kann die SPD bis dahin natürlich nicht aus der großen Koalition aussteigen, das wäre unsolidarisch mit den Neuen. Die Abgeordneten und die Minister dürfen also noch einige Monate ihre Ämter behalten, die im Falle von Neuwahlen stark gefährdet wären.
Dieser Kolumnist geht in Urlaub und meldet sich Anfang August wieder. Erst der Urlaub, dann das Land, dann die Partei, so heißt es doch, oder?
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