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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Chinas Präsident Xi Jinping bei ihrem letzten China-Besuch.
© Michael Kappeler/dpa

Angela Merkel in China: Eine klare Position zählt mehr denn je

Einige westliche Geschäftspartner begegnen China mit großer Demut. Doch Angst schadet. Gute Beziehungen halten Kritik aus. Ein Kommentar.

Man kennt sich mittlerweile gut genug: Zum zwölften Mal ist die Bundeskanzlerin in China, jedes Mal hat sich etwas mehr Vertrauen zwischen den Gesprächsparteien gebildet. Zuletzt war man sich einig, dass die pragmatische Herangehensweise Angela Merkels der chinesischen Art näher liegt, als etwa die des US-Präsidenten Trump. Die Kanzlerin ist verlässlicher, sie wahrt auch professionelle Distanz und hat dadurch mehr Einfluss als andere Politiker.

Ob Beziehungen wirklich funktionieren, zeigt sich zwar oft erst, wenn sich die Umstände drastisch ändern. Doch auch hier hat Merkel hat es immer wieder geschafft, einen kühlen Kopf zu behalten. Wichtige Belange sowie Themen, die ihr am Herzen liegen, konnte sie durchzusetzen. Auf diese Weise hat die Bundesrepublik etwa die Ausreise des Künstlers Ai Weiwei oder die der Witwe des verstorbenen Nobelpreisträgers Liu Xiaobo, Liu Xia, nach Deutschland erwirkt.

Trotz der damit verbundenen Konflikte – Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping weiß diese Politik durchaus zu schätzen. Und Xi weiß auch: Er braucht einen starken Partner in Europa. Zwar ist sein Verhältnis zu Merkel nicht ganz so gut wie das seines Vorgänger Hu Jintao. Doch auch ihm ist, ebenso wie Merkel, bewusst, dass es vor allem eine Frage des Umgangs miteinander ist, der ihre jeweiligen Positionen weltweit definiert.

Die Schattenseiten des Systems

Bei allem Staunen darüber, wie China mit seinen Problemen umgeht und beispielsweise die hohe Verschuldung in den Griff nimmt, entschlossen die Armut bekämpft und gleichzeitig den Strukturwandel der Digitalisierung vorantreibt, treten aber auch die Schattenseiten des Systems immer deutlicher hervor. Zensur, Überwachungsstaat und Arbeitslager in Xinjiang überschatten internationale Vorzeigeprojekte wie die der Seidenstraße. Xi Jinping sieht darin zwar einen Weg in Richtung Frieden und Prosperität weltweit. Der Westen aber kritisiert: Die Länder verschulden sich zu tief, zu gefährlich ist die Abhängigkeit von den Finanzspritzen aus Peking. China könnte damit die EU spalten, so die Angst.

Der Druck aus Peking traf nun auch die Fluggesellschaft Cathay Pacific aus Hongkong. Chefs und Mitarbeiter wurden entlassen, weil sie mit den Pro-Demokratie-Bewegungen in Hongkong auf die Straße gegangen waren oder zumindest damit sympathisierten. Auch der einstige Daimler-Chef Dieter Zetsche musste schon einknicken und sich für einen Werbeslogan entschuldigen, in dem ein Zitat des Dalai Lamas genutzt wurde. Merkel weiß dennoch, welche Hebelwirkung die deutsche Wirtschaft hat. Um sie politisch zu stützen, hat sie wieder eine Entourage von Chefs aus der ersten Riege dabei. Sie haben mitunter bereits die Angststarre chinesischer Unternehmen, ja nichts falsch zu machen, übernommen und wollen zu den Protesten in Hongkong nicht öffentlich Position beziehen.

Angst schadet jeder Beziehung. Es sitzen dann keine gleichwertigen Partner am Tisch. Will sich Merkel nicht erst in diese Rolle drängen lassen, in der manche deutsche Wirtschaftsbosse bereits sind, muss sie klar machen, wo die Grenzen sind. Statt der Demut, die einige westliche Geschäftspartner China gegenüber angenommen haben, zählt es jetzt mehr denn je, klare Position zu beziehen. Deutsche Firmen müssen in der Volksrepublik genauso behandelt werden wie hierzulande chinesische. Merkel kann das sagen. Gute Beziehungen halten Kritik aus.

Ning Wang

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