Panama Papers: Eine Herkulesarbeit für die Ermittler
Nur acht Steuerfahnder arbeiten sich in Hessen durch 49 Millionen Dateien. Jetzt erzählen sie von ihrer Arbeit.
Konkrete Namen, Firmen und Banken werden nicht genannt. Klar aber ist: Experten der hessischen Steuerverwaltung werden noch lange damit beschäftigt sein, die Daten der panamaischen Kanzlei Mossack&Fonseca, besser bekannt als Panama Papers, auszuwerten, um sie an Steuer- und Strafverfolgungsbehörden weitergeben zu können. Federführend für die Steuerverwaltungen in den anderen Bundesländern und gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt (BKA) kämpft sich eine Ermittlungsgruppe des Finanzamts Kassel-II-Hofgeismar durch Daten mit einem Umfang von rund 3,2 Terabyte und etwa 49 Millionen Dateien (mit teilweise mehreren hundert Seiten) von über rund 271 000 Firmen weltweit. Sie umfassen den Zeitraum der späten 1970er Jahre bis 2017. „Ausgedruckt entsprechen sie einer Entfernung von etwa 10 290 Kilometern, bis Panama sind es von Frankfurt am Main aus nur 9102 Kilometer“, sagte Armin Wolf, Chef der achtköpfigen Ermittlungsgruppe am Mittwoch in Frankfurt.
Seit Anfang August 2017 sind die Experten bei der Arbeit – und haben bislang aus dem Daten-Wust Vorgänge bei 1522 deutschen und ausländischen Firmen identifiziert und mehr als 257 000 Dokumente an Behörden im Inland und 32 000 über Offshore-Firmen an internationale Finanzbehörden weitergereicht.
Insgesamt haben Panama-Paper-Ermittler in Kassel knapp 300 Anfragen aus dem In- und Ausland zu rund 3350 Firmen und Personen erreicht, bei denen offenbar Hinweise zu möglichen Steuervergehen bestehen. „Konkrete Namen und Daten nennen wir nicht. Daran hindert uns das Steuergeheimnis“, sagt Wolf.
Bisher sind angesichts der Datenflut und der zeitraubenden Auswertung bundesweit lediglich rund 4,2 Millionen Euro an Steuermehreinnahmen zustande gekommen, in rund 150 Fällen seien Steuerstrafverfahren eingeleitet worden, berichtet der hessische Finanzminister Thomas Schäfer. Angaben, wonach bereits 150 Millionen Euro an Steuermehreinnahmen verbucht worden seien, wollte er nicht bestätigen. „Aber ich korrigiere mich später gerne nach oben.“
Ein riesiger chaotischer Datenwust
Allein das Bundesland Hessen hat sich mit 316 000 Euro (Steuermehreinnahmen bislang 175 000 Euro) am Ankauf der Panama Papers beteiligt. Wichtiger als die Mehreinnahmen seien die Aufdeckung internationaler Strukturen und die verbesserte internationale Zusammenarbeit. Deren Schlagkraft würden Kriminelle zu spüren bekommen. Mit der Analyse der Panama Papers wirke man vor allem auch, sagt Schäfer, dem Eindruck entgegen, dass steuerlich fragwürdige und strafbare Handlungen auf Dauer vor den Behörden verheimlicht werden können. Er beklagt aber auch, dass sich in vielen Steueroasen noch wenig verändert habe. Vielerorts sei es weiter problemlos möglich, anonym oder über Strohleute Firmen zu etablieren, Konten zu eröffnen und Geld ohne Prüfung der Herkunft zu bewegen.
Dass lediglich acht Experten mit der Auswertung der Daten befasst sind, halten Wolf und Schäfer gleichwohl für ausreichend. Andere Abteilungen arbeiteten zu, auch die Oberfinanzdirektion Frankfurt und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt. Unterstützt werde man auch vom Bundeskriminalamt. Abgeglichen werden die Daten auch mit dem Bundeszentralamt für Steuern.
Wolf räumt aber ein, dass ein Experte pro Tag allenfalls Dateien für vier Firmen auswerten kann. Das liegt auch daran, dass die Daten meist völlig unsortiert in Form von E-Mails, Gründungsurkunden, Verträgen, Vollmachten, Kontounterlagen, Tabellen, Vermögenshinweisen und Blanko-Dokumenten vorliegen und erst geordnet werden müssen, um sie überhaupt bewerten zu können.
Obwohl die Datenmenge der Panama Paper nahezu unüberschaubar ist, werden die Sichtungs- und Auswertungspraktiken nach Angaben von Wolf auch auf andere Daten-Lecks zu Steuertricks angewendet – den Offshore Leaks, den Bahamas Leaks, den Malta Leaks, den Zypern Leaks und den Paradise Papers. Das sind zusammen noch einmal Daten mit einem Volumen von insgesamt fast zwei Terabyte.