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Heikler Partner für Angela Merkel: Österreichs neuer Bundeskanzler Sebastian Kurz (links), hier mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei seiner Vereidigung.
© Roland Schlager/dpa

Österreichs neue Regierung: Eine Herausforderung für die Bundeskanzlerin

Die neue Regierung der Nachbarn wird kein leichter Partner für Angela Merkel. Die SPD will sie zu einer Reform der EU drängen, doch Österreich bremst.

Für die Europa- und Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellt die neue rechtsnationale Regierung in Österreich eine Herausforderung dar. Doch Regierungssprecher Steffen Seibert bemühte sich am Montag, den Eindruck zu zerstreuen, das Verhältnis zu Wien könne nun schwieriger werden. "Eng und vertrauensvoll" werde man mit der neuen Regierung aus ÖVP und FPÖ zusammenarbeiten, versicherte er: "Österreich ist unser Freund, unser Nachbar, unser enger Verbündeter." Die Tatsache, dass die rechte FPÖ das Innen-, Außen- und Verteidigungsressort und damit alle sicherheitspolitisch relevanten Ministerien übernimmt, wollte Seibert ausdrücklich nicht kommentieren.

Alarmiert zeigte sich SPD-Chef Martin Schulz. Die Regierungsbildung in Wien sei "keine rein innenpolitische Angelegenheit", warnte er. "In etlichen EU-Staaten erleben wir derzeit einen Rechtsruck", meinte der Ex-Präsident des Europa-Parlaments. Es gelte, die eigene Idee von einem menschenfreundlichen Europa zu verteidigen: "Auch wenn die Gegner dieser Idee in immer mehr Regierungen sitzen." Die SPD will die Union in den Sondierungsgesprächen für eine mögliche Koalition überzeugen, Europa sozialer zu gestalten und die Reformideen des französischen Präsidenten Macron zu unterstützen.

Die CSU begrüßte die Entwicklung. "Mit Sebastian Kurz haben Bayern und Deutschland einen Verbündeten mehr in Europa", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Welt". Auch der Chef der Fraktion der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), verteidigte Kurz. Es sei ein schönes Symbol, dass er seinen ersten Besuch am Dienstag in Brüssel absolviere. Dazu sagte Grünen-Chef Cem Özdemir: "Es bleibt abzuwarten, ob den viel versprechenden Gesten wie dem Antrittsbesuch in Brüssel auch Taten folgen."

Wissenschaftler sehen die Gefahr, dass der Wahlausgang in Österreich den Weg zu einer stärkeren Integration Europas erschwert. "Die neue Regierung in Wien wird das Lager der Integrationszauderer und Intergouvernementalisten stärken", erwartet etwa Josef Janning vom Berliner Büro des European Council on Foreign Relations (ECFR). Dies bedeute noch mehr Gegenwind für Macrons Pläne. 2018 werde deshalb kein Jahr großer europäischer Würfe, sondern "ein Jahr des Weiterwurstelns".

Die neue Wiener Regierung werde insgesamt Brüssel-skeptisch agieren und falle damit "für die Aktivierung von Mitgliedstaaten in der politischen Mitte der EU aus", sagt der EU-Experte. Dies sei keine gute Voraussetzung für eine Strategie integrationsfreundlicher Partnerschaften. "Kooperation wo möglich, aber ohne Illusionen", empfiehlt Janning den Deutschen im Umgang mit den neuen Partnern. Berlin solle es aber der Regierung in Wien "nicht zu leicht machen, sich mit Europakritik innenpolitisch und am Ratstisch zu profilieren".

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