Digitaler Impfnachweis: Einbindung der Apotheken ist wieder offen
Erst kündigte Minister Spahn eine Einbindung der Apotheken für die Erstellung digitaler Impfnachweise an. Nun steht eine solche Lösung wieder auf der Kippe.
Voraussichtlich ab dem kommenden Wochenende werden Geimpfte in Deutschland einige ihrer alten Rechte zurückerhalten. Der Aufenthalt im Freien auch während der Ausgangssperre und eine Aufhebung der Kontaktbeschränkungen – das sind die Möglichkeiten, die sich angesichts der bevorstehenden Beschlüsse im Bundestag und im Bundesrat für vollständig Geimpfte auftun dürften.
Als Nachweis dient denjenigen, die ein Vakzin erhalten haben, der Impfnachweis. Es gibt nur ein Problem: Bislang liegen die Impfnachweise nur auf Papier vor. Und in analoger Form sind sie nicht fälschungssicher.
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Wer ein Vakzin gespritzt bekommen hat, bekommt in der Regel einen von der Impfärztin ausgefüllten Impfnachweis, den man in das altbekannte gelbe WHO-Impfbuch einlegen kann. Aus Freude über die Impfung posten viele Geimpfte die Nachweise in den sozialen Netzwerken – und liefern damit ungewollt eine gute Vorlage für Fälscher.
Auch für Genesene könnten gemäß der derzeit diskutieren Verordnung zur Lockerung einiger Corona-Regeln schon ab dem Wochenende Einschränkungen fallen. Genesene benötigen als Nachweis einen positiven PCR-Test, der höchstens sechs Monate alt sein darf. Liegt die Infektion länger zurück, ist auch für Genesene eine Impfung nötig.
Das Fälschen von Impfnachweisen ist strafbar. Auf Urkundenfälschung steht in besonders schweren Fällen eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt zum Beispiel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Betrug verbunden hat. Vergangene Woche entdeckten Polizisten Dutzende von Impfpässen, die sich allesamt als gefälscht erwiesen, in der Wohnung eines 27-jährigen Berliners.
Nach den Worten einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums ist bei der Prüfung analoger Impfpässe „besondere Vorsicht geboten“. Dies gelte einerseits, wenn die Papier-Impfpässe genutzt werden, um etwa ein Geschäft zu betreten. Und es gelte auch dann, wenn die Informationen vom analogen in den geplanten digitalen Impfpass übertragen werden.
Digitale Nachweise sollen vor Ende Juni vorliegen
Bis die Impfnachweise digital vorliegen, wird es noch einige Wochen dauern. Das Gesundheitsministerium geht derzeit davon aus, dass der digitale Impfausweis, der in Deutschland entwickelt wird, vor Ende Juni bereitstehen wird. Gleichzeitig arbeitet die EU an einem sogenannten digitalen „Gateway“, mit dem sich das Überschreiten der Grenzen innerhalb der europäischen Gemeinschaft für Geimpfte, Genesene und Inhaber eines negativen Corona-Tests erleichtern lässt. Damit soll beispielsweise bei der Kontrolle am Ankunftsflughafen geprüft werden können, ob ein vorgelegtes digitales Impfzertifikat echt ist.
Pilotphase für EU-weites System beginnt kommende Woche
In Deutschland und mehr als einem Dutzend weiterer EU-Staaten soll ab der kommenden Woche eine Pilotphase beginnen, in der die Anbindung der nationalen Systeme zur Erfassung der Impfdaten an das „Gateway“ getestet wird. Die technische Umsetzung, mit der auf EU-Ebene die beiden deutschen Unternehmen SAP und T-Systems beauftragt wurden, soll bis zum 1. Juni endgültig stehen. Spätestens Ende Juni soll die Technik dann für alle EU-Bürger verfügbar sein. Zuvor müssen sich die Mitgliedsstaaten aber noch mit dem EU- Parlament und der Brüsseler Kommission über die Umsetzung einigen. Dann erst kann die entsprechende Verordnung in Kraft treten. Sie soll einen Rechtsanspruch der EU-Bürger auf die Ausstellung des europäischen Zertifikats durch ihre Heimatländer begründen.
Wer die QR-Codes erstellen soll, bleibt vorerst offen
Offen bleibt derzeit in Deutschland allerdings noch die Frage, wer eigentlich die nötigen QR-Codes für den digitalen Impfnachweis erstellen soll. Bei niedergelassenen Ärzten geht seit einigen Wochen die Angst um, dass Millionen Patientinnen und Patienten demnächst die Praxen stürmen könnten, um dort ihr digitales Corona-Impfzertifikat zu bekommen. Der digitale Impfnachweis wird derzeit im Auftrag des Gesundheitsministeriums erarbeitet. Um die Impf-App aktivieren zu können, wird aller Voraussicht nach der Ausdruck eines QR-Codes nötig sein, der nach der abgeschlossenen – also in aller Regel nach der zweiten – Impfung ausgegeben wird. Die Arztpraxen und Impfzentren werden an die Software in den kommenden Wochen angeschlossen.
Bis Anfang Juni könnte es schon 18 Millionen abschließend Geimpfte in Deutschland geben, die dann nachträglich in den Praxen oder Zentren ihren Impfcode abholen müssten. Am Montag hatte bereits die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) vor diesem Szenario gewarnt. Kurz darauf kündigte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an, dass man mit einer Gesetzesänderung auch die Apotheken einbinden wolle. Auch dort könnten dann also die klassischen Impfausweise oder Corona-Impfbescheinigungen mit einem QR-Code bestätigt werden.
Spahn verspricht Klärung in den kommenden zwei Wochen
Am Dienstag erklärte Spahn nun, dass es gegen eine solche Lösung nicht zuletzt wegen der Fälschungsproblematik Vorbehalte im Bundestag gebe: Würden hingegen Belege nur dort ausgestellt, wo geimpft wurde, verringere sich die Fälschungsgefahr. „Das müssen wir nun in den kommenden zwei Wochen klären“, sagte Spahn zu den weiteren Verhandlungen über die entsprechende Änderung im Infektionsschutzgesetz mit den Fraktionen. Dass die Apotheken wirklich eingebunden werden, scheint also alles andere als ausgemacht.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, plädierte am Dienstag beim Deutschen Ärztetag dafür, statt einer überstürzten Einführung des digitalen Impfnachweises und der befürchteten Überlastung der Arztpraxen weiterhin den WHO-Impfausweis gelten zu lassen. Dieselbe Forderung hatte am Montag bereits die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhoben.
Spahn erklärte beim Ärztetag, dass der analoge Ausweis selbstverständlich anerkannt werde, aber nach aller Erfahrung trotzdem ein großer Bedarf nach dem digitalen Nachweis bestehen werde. Auch bei den Verhandlungen auf EU-Ebene zur Einführung des europaweiten Zertifikats setze sich die Bundesregierung dafür ein, dass bei grenzüberschreitenden Reisen der WHO-Ausweis gleichberechtigt anerkannt werde, sagte Spahn weiter.
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